The Headwinds - Handlung
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Re: The Headwinds - Handlung
von Zladune am 19.08.2022 16:15Nein, du stellst vor allem etwas lästige und zeitkonsumierende Fragen, korrigierte Notos gedanklich die Anmerkung der jungen Frau, bemüht, sich seinen aufkeimenden Unmut nicht anmerken zu lassen. Es wäre wohl einfacher und schneller gewesen, ihr alles direkt zu zeigen, statt sich in lange Erklärungen zu verwickelten, denen sie noch nicht mal wirklich Glauben schenkte. Doch warum hätte er das tun soll? So notwendig dieses Verhör für seine Heilerin auch zu sein schien, so hatte sie in seinen Augen nicht wirklich das Recht, Antwort auf ihre Fragen zu verlangen. Höchstens noch für die, die seine Wunden betrafen. Hätte sie ihm gerade nicht eben zumindest versucht zu helfen, hätte sich seine Kooperation wohl deutlich mehr in Grenzen gehalten. Er mochte Kreuzverhöre nicht. Erst recht nicht, wenn für ihn dabei nichts raussprang. Nichts, außer seiner eigenen stätig anwachsenden Liste an Fragen und Unklarheiten.
Wenigstens verhielt sie sich respektvoller zu seinem Partner. Dem Weißhaarigen entkam ein nun wieder gutmütigeres Schmunzeln, als er den Hauch von Sympathie in der Stimme der jungen Frau hörte. Jasper hingegen teilte diese anscheinend immer noch nicht, wenngleich er etwas entspannter wirkte, seitdem sie von seinem Gefährten abgelassen hatte. Notos war sich nicht sicher, ob der Ursprung dieses feindseligeren Verhaltens darin lag, dass die Heilerin ihm nicht wirklich hatte helfen können, weil er die offensichtliche Abneigung der Frau ihm gegenüber spürte oder ob er Nirah schlicht und ergreifend einfach nicht leiden konnte. Er hoffte, dass es nicht letzteres war.
Notos brauchte eine ganze Weile, bevor er auf die darauffolgende Frage zu Jaspers Wesen reagierte. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass du nicht weißt, was mein Gefährte ist." Abwesend streiften die blinden Augen den Drachen, dabei schüttelte er zweifelnd den Kopf. Er würde es aber wohl oder übel fürs Erste akzeptieren müssen. Und sich mit Jasper später deswegen noch austauschen. Mit einem zu gleichen Teilen sanften wie ergebenen Lächeln wandte er sich an die Heilerin, antwortete ihr genauso freiheraus: „Ich fürchte, dir sein Wesen zu verraten ist verlorene Liebesmüh. Du würdest mir entweder keinen Glauben schenken oder nichts damit anzufangen wissen. Belassen wir es also einfach dabei, dass er mein Gefährte ist. Oder was meinst du, Jasper?" Das kleine Bündel an Federflaum behielt jedoch seine unnahbare, stoische Miene. Dann wandte er sich demonstrativ ab, breitete seine Flügel aus und landete lautlos vor dem Weißhaarigen. Besser gesagt, direkt vor der Hellebarde, auf die es schützend eine Pfote gelegt hatte, den wachsamen Blick für keinen Augenblick von der Frau ihm gegenüber gelassen. Wollte sein Freund ihm damit andeuten, dass er seine Waffe nehmen und gehen sollte?
Den Gefallen konnte er ihm wohl leider noch nicht erfüllen. Sichtlich amüsiert hörte er der Heilerin dabei zu, wie sie ihm ihre Erkenntnisse und Deduktionen vorstellte – und ihm abermals ihre nicht allzu hohe Meinung von ihm klarmachte. Jasper plusterte sich bei der kühlen Aussprache des ihm bekannten Namen zuerst noch etwas auf. Doch auch nur so lange, bis Notos das Wort erhob. Der quittierte die vorherige Ablehnung in ihrer Stimme allzu deutlich. „Nun, meine allerliebste Nirah..." Der Drachenritter betonte ihren Namen dabei mit der zuckersüßesten, charmantesten Stimme, die er gerade noch hinbekam, ohne in Lachen auszubrechen. „Das ist eine hervorragende Analyse. Auch wenn du bei den meisten Vermutung nur zur Hälfte richtig liegst. Mit Ausnahme der Aussagen über den Angriff." Denn ja, da wusste er wirklich zu gut, wer der Täter war und was für eine Art von Mana er bevorzugt in seine Waffen reinjagte.
„Aber um zu deinen wichtigen Fragen zurückzukommen: Ich weiß nicht, was du hier noch tust. Sag du es mir. Vielleicht hast du ja eine bizarre Art der Zuneigung zu mir entwickelt. Oder unser Zusammentreffen war Schicksal". Der Weißhaarige grinste verschmitzt. „Oder es ist einfach nur die Neugierde, die dich länger als nötig hier hält?" Das Gefühl verstand er nur zu gut. Sein Lächeln wurde eine Spur ernster: „Falls du mir aber irgendwelche dubiosen Hintergedanken unterstellst, die beinhalten, dass ich unseren längeren Aufenthalt hier geplant habe: Dann nein." Kurz holte er Luft, wandte dann nachdenklich den Blick ab. „Ich... hätte wirklich Hilfe mit der Verletzung gebrauchen können", gab er schließlich verhalten zu, „ich war auch der Meinung, dass gerade du mir vielleicht hättest helfen können. Allerdings... nun, du nutzt Heilmethoden, die ich nicht kenne – und ich habe bereits so einige an eigener Haut erfahren dürfen. Zudem kennst du dich offensichtlich nicht mit dieser Art von Verletzungen aus. Alles in allem ist das also etwas ...ungewöhnlich für mich. Aber es war wohl etwas naiv von mir zu denken, dass du mir helfen könntest, nur weil du eine Heilerin bist. Verzeih mir."
Tatsächlich war ausnahmsweise die Belustigung in seinen Zügen gänzlich verschwunden. Geblieben war nur ein grübelnder Ausdruck, mit dem er die junge Frau vor ihm intensiv musterte. Es ergab einfach keinen Sinn. Allerdings musste er momentan wohl einfach seine Theorie für wahr erachten. Sie nutzte nicht ihr eigenes Mana. Frage war: Was tat sie dann?
Das witzelnde Lächeln kehrte erst dann zurück, als Nirah ihre anderen zwei Fragen stellte. Wenngleich es müder als zuvor wirkte: „Nun, es ist möglich, den Weg nicht zu kennen, den man hergekommen ist – zum Beispiel, wenn man währenddessen nicht bei Bewusstsein war. Und was die Nummer zwei angeht: Du scheinst mir eine gute Intuition sowie Schlussfolgerungsgabe zu haben. Wenn du dir die bisherigen Zeichen und Informationen ansiehst, wirst du sie schon richtig verknüpfen." Und fügte leise hinzu: „Dir selbst wirst du auch eher Glauben schenken als mir."
Er hingegen vertraute ihr. Sowohl als sie verkündete, dass sie alleine seinen Schutz wohl nicht brauchen würde – auch wenn er sich deutlich besser fühlen würde, wenn er sie dennoch begleitet hätte – als auch, dass ihn die Monster nicht in Ruhe lassen würden. Mit einem ruhigen Nicken nahm er ihre Worte zur Kenntnis. Letzteres wäre kein allzu großes Problem. Er schlief gerne unter freiem Himmel und was einen möglichen Angriff anging... Als hätte Jasper seine Gedanken gelesen, breitete der kleine Drache seine Schwingen und mit diesen seine Präsenz aus. Das Wesen, welches bisher am Rande seines Radars getänzelt hatte, verschwand mit einem Mal.
So wie es seine bisherige Begleiterin nun auch scheinbar tun wollte. Als wäre ihr alles gleichgültig. Nur... Ihre Aura flackerte erneut verdächtig auf. Notos begann zu schmunzeln: „Ich sehe, du bist ebenfalls kein Freund von zu vielen unbeantworteten Fragen." Der Weißhaarige war mittlerweile aufgestanden und war ruhigen Schrittes zu seinem Gefährten gelangt und dem Schatz, den er bewachte. Seine Hellebarde hob er mit Leichtigkeit auf, genoss das altbekannte Gewicht und Form in seiner Hand. „Ich nehme dein Angebot an. Besser gesagt..." Er lächelte verschmitzt: „Ich schlage ein temporäres Bündnis vor. Ich kann zugegeben mit deinem Schutz in etwa so viel anfangen, wie du mit meinem. Aber ich vertraue dir. Lass uns diesbezüglich einfach eher Taten als Worte sprechen lassen. Ich wäre aber wohl so sehr wie du an einem Austausch interessiert. Zum Beispiel, wie du heilst und schützt. Im Gegenzug versuche ich deine Fragen zu klären. Zum Beispiel, wie ein Speer solche Verletzungen wie die meinen verursachen kann. Ich denke..." Seine Miene wirkte kurz nachdenklich, als er sich an die Magie zu erinnern versuchte, die die Waffe umgeben hatte. „... ich kann es dir sogar zeigen. Wenngleich lieber erst morgen."
Jasper betrachtete seinen Partner mit deutlichem Missmut, gab aber keine Proteste von sich. Mit umso größerer Verwunderung verfolgte er aber die zunehmend ernster werdende Miene seines Partners – und weitete die goldbraunen Augen etwas, als er verstand, was sein Gefährte vorhatte. Notos umklammerte nachdenklich seine Hellebarde. „Ich werde dir natürlich währenddessen versuchen, nicht zur Last zu fallen und auszuhelfen, soweit es meine Fähigkeiten zulassen. Von dem her..." Der Drachenritter kniete mit dem Anflug eines Lächelns entschlossen vor der jungen Frau nieder, eine Hand hinter den Rücken, die andere zur Faust geballt aufs Herz gelegt: „Ich schwöre, dass ich während unserer Reise dein Leben mit dem meinen schützen werde." Nach einer Weile streckte er eine Hand in ihre Richtung aus, schmunzelte dabei gutmütig: „Nur, wenn du meinem Angebot natürlich zustimmen solltest."
Re: The Headwinds - Handlung
von Saphyr am 19.08.2022 00:57Nirah ließ das Hemd des Fremden wieder über die bedenklich aussehende Verletzung fallen und trat ein paar Schritte zurück. Sofort bemerkte sie, dass das seltsame Wesen inzwischen nicht mehr auf seinem Ast saß. Es war ganz unaufällig näher gekommen, lauerte als wäre es jeden Moment bereit zum Sprung. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie es sich bei der kleinsten falschen Bewegung auf sie stürzte, um ihr mit Klauen und Zähnen die Haut zu zerfetzen. Sie nahm sich vor, es um keinen Preis der Welt nocheinmal aus den Augen zu lassen.
"Ich stelle notwendige Fragen." korrigierte sie ihn. Sie hatte nicht wirklich eine Antwort auf ihre Frage erwartet. Gerade weil der Fremde bisher mindestens genauso sparsam mit Antworten gewesen war, wie sie. Umso überraschter war sie, dass gleich mehrere Sätze hintereinander aus seinem Mund kamen.
Nirah hasste es, es zugeben zu müssen, aber jedes Wort heizte ihre Neugier an. Sie warf wieder einen langen Blick zu dem Wesen, das der Kerl als 'Sir Jasper' bezeichnet hatte. Was für ein seltsamer Name für ein Haustier. Oder Partner. Erst jetzt kam ihr der Gedanke, ob er mit dem Wort eigentlich einen Getreuen meinte. Für Wächter war es nicht ungewöhnlich, zu mindestens einem der vielen verschiedenen Waldbewohner eine enge Bindung aufzubauen. Eulen, Rehe, Raubkatzen...Wölfe. Alles war möglich. Sie hatte eine solche Verbindung noch nicht am eigenen Leib erlebt - sonst wäre sie nicht hier - aber man hatte sie davon unterrichtet. Diese Partnerschaften währten ein Leben lang und beruhten auf gegenseitgem Respekt und ergebener Treue. Man sagte, Getreue waren Ergänzungen des Ichs, Teile der eigenen Seele. Die Bindeglieder zum Mutterbaum, Tore zu einem tiefgehenden Verständnis der Umwelt und des Selbst. Nicht selten leiteten sich Wächter und Getreue gegenseitig auf ihrem Weg und entwickelten sich Seite an Seite weiter.
Nun, der Mann war kein Wächter und sein Partner war kein Tier aus diesen Wäldern. Doch wenn es nur entfernt eine Parallele zwischen Getreuen und dem was das kleine Ding für den Mann war gab, so verstand Nirah ein wenig mehr was die beiden verband.
Nirah bemerkte die kleine Bewegung, die wie ein Gruß anmutete. Sie hatte also recht gehabt. Das Wesen besaß Intelligenz. Scheinbar hatte es genügend von der Unterhaltung mitbekommen, dass es verstand worüber der Mann redete. Nirah musste lächeln. Es sah so eigenartig aus und erzeugte gleichzeitig einen Anflug von Sympathie. Trotz seines augenscheinlichen Misstrauens ihr gegenüber, war er höflicher als sein menschlicher Begleiter. Gut... Es war im Bereich des möglichen, dass sie etwas voreingenommen war. Nirah hatte schon immer einen besseren Draht zur Tieren gehabt als zu Menschen. Außerdem war ihr dieser spezielle Mensch immernoch nicht ganz geheuer. Sie erwiderte die Geste mit einer kleinen, respektvollen Verbeugung. "Sir Jasper also. Freut mich." meinte sie in seine Richtung. "Ich sehe nun, dass er kein einfaches Monster ist. Ich frage mich nur, was ist er dann?" fragte sie freiheraus.
Die Verbeugung des Mannes, der sich selbst Donnerschwinge nannte, tat sie nur mit einer hochgezogenen Augenbraue ab. "Dann hätten wir das auch geklärt." kommentierte sie. Sein Name beantwortete nicht so recht ihre darunterliegenden Fragen. Woher kommst du? Was ist los mit deinen Augen? Wieso habe ich den Eindruck, dass du trotz deiner Blindheit zu viel mitbekommst?
"Lass mich einmal zusammenfassen, Notos Donnerschwinge." fing sie an und betonte dabei seinen Namen mit kaum verborgener Ablehnung. "Du und dein Partner seid im Wald gelandet, ohne zu wissen wo ihr seid. Dein Partner kann fliegen, du ...eher nicht. Du wurdest kürzlich angegriffen. Womit ist die Frage. Fast hätte ich auf Gift getippt, aber ich wüsste nicht welches Gift eine Wunde so aussehen lassen kann. Du scheinst recht unbesorgt, daher schätze ich du weißt ganz genau, was dich so zugerichtet hat und welche Wirkung es hat. Du willst es nur nicht sagen. Und eigentlich brauchst du meine Hilfe nicht. Nicht mit der Verletzung. Höchstens damit, geradeaus zu laufen. Trotzdem weißt du die ganze Zeit wo ich bin, wo dein Partner ist und hast Informationen, die du nicht haben solltest." Sie holte einmal kurz Luft, war aber noch nicht fertig.
"Außerdem hast du Waffen und kannst sie vermutlich auch benutzen. Wieder die Frage, wieso. Meines Wissens nach funktioniert das Kämpfen besser mit klarer Sicht." beendte sie ihre Analyse.
"Du siehst, hier gibt es einige Ungereimtheiten, die all meine Fragen rechtfertigen. Erste wichtige Frage: Wieso bin ich noch hier und rede mit dir?" warf sie ihm vor. Sie hatte ihre Hilfe in dem Glauben angeboten, dass er sie womöglich benötigte. Jedoch erhärtete sich der Eindruck, dass dies keineswegs der Fall war. Er hätte sie doch einfach wegschicken können und sie wäre mit Freuden gegangen. Jetzt jedoch...
"Nummer zwei. Woher kommst du? Drei. Wie bist du hierher gekommen? Man endet nicht einfach irgendwo und vergisst direkt darauf den Weg den man genommen hat." stellte sie klar.
Daraufhin konnte sie nicht anders, als einfach verständnislos den Kopf zu schütteln. "Ich sollte keine gute Antwort erwarten, oder?" murmelte sie zu sich selbst. "Soll mir recht sein. Ich beantworte dir trotzdem deine Frage. Ich kenne mich hier aus und finde problemlos vor Sonnenuntergang in mein Dorf zurück. Es ist recht weit, aber ich bin zügig unterwegs. Du hast trotzdem recht, dass ich eigentlich sofort losgehen sollte. Deinen Schutz brauche ich nicht und ich wüsste auch nicht so recht, wie du das anstellen wolltest. Du kannst mir nicht erzählen, dass du mit meiner Geschwindigkeit mithalten kannst. Du dagegen wirst alleine herum irren und wirst dir wohl oder übel einen Unterschlupf bis zum nächsten Tag suchen müssen. Und ohne meinen Schutz werden sich die Monster, die bereits in den Schatten lauern, nicht in Ruhe lassen." belehrte sie ihn ungeduldig.
"Also stelle ich eine letzte Frage und darauf möchte ich eine Antwort. Brauchst du nun Hilfe oder nicht? Lautet die Antwort nein, gehe ich jetzt. Andernfalls..." Nirah seufzte dramatisch auf und zögerte eine Weile bevor sie weitersprach. "Das bringt wirklich meinen ganzen Tag durcheinander...Ich biete dir meinen Schutz an, bis du sicher im Dorf ankommst. Mit dir im Schlepptau werden wir dennoch die Nacht im Freien verbringen müssen. Im Austausch für meine Großzügigkeit bekomme ich Informationen darüber was hier eigentlich los ist."
Nirah wandte sich schon zum Gehen, sicher dass er dieser Notos ihre Hilfe ablehnen würde. Dabei war gerade jetzt so etwas wie echtes Interesse an dieser Auseinandersetzung erwacht. Was sie überaus ärgerlich stimmte.
Möge das Chaos mit uns sein!
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Re: The Headwinds - Handlung
von Zladune am 16.08.2022 17:39Es war wirklich nicht zu leugnen, dass den Drachenritter eine Woge der Erleichterung und Freude überfiel, als Jasper seine Anwesenheit kundgab. Natürlich war er selber stark genug, um sich bestens alleine verteidigen zu können, dessen war Notos sich mehr als nur bewusst. Aber die Präsenz seines Partners hatte schon immer etwas äußerst Beruhigendes für ihn gehabt. Jasper war sein Gefährte. Seine Augen, seine Schwingen, seine zweite Hälfte. Seine zweite Hälfte, die im Gegensatz zu ihm die fremde Frau scheinbar nicht recht leiden konnte. Fast schon amüsiert verfolgte der Weißhaarige mit angehobener Braue die kurze Auseinandersetzung zwischen Mensch und Drache. Wobei seine Aufmerksamkeit nicht nur bei dem kleinen Federflaum lag. Die Fremde hatte... etwas gezogen und hielt es abwehrend vor sich. Bereit, damit notfalls selbst einen Drachen zu bekämpfen. Abermals keine eingebauten Kristalle. Schwer zu sagen also, ob es eine Waffe oder nur ein Ast war. Allerdings... Notos tat sein Bestes, um sich seine Neugier, sein zunehmendes Interesse nicht anmerken zu lassen. Die junge Frau besaß wahrhaftig ein gewisses... Temperament. Eine gewöhnliche Heilerin war sie auf jeden Fall nicht.
Mit blinden Augen verfolgte er Jaspers Flugbahn, spürte seinen wachsamen Blick im Nacken. Ein Schmunzeln entkam ihm, als er die Verwunderung in der Stimme der Fremden hörte. War es für sie wirklich so überraschend, dass er über die Existenz seines Partners nicht nur gescherzt hatte? „Ich mag nicht so aussehen", verkündete er nach einem Moment der Stille, „doch ich schätze Ehrlichkeit. Ob du es also glaubst oder nicht: Ich habe dich seit unserem Zusammentreffen bisher nicht ein einziges Mal angelogen." Höchstens vielleicht nicht die ganze Wahrheit erzählt oder sie ein klein wenig verschleiert. Berufskrankheit. Auf ihre zusätzliche Verwirrung aufgrund des elektrischen Schlages, den Jasper ihr anscheinend verpasst hat, antwortete er jedoch nur mit einem wissenden Lächeln.
Der kleine Drache verfolgte die darauffolgende Interaktionen mit großem Misstrauen. Die goldbraunen Augen zu Schlitzen verzogen, plusterte er sich abermals etwas auf, als die Fremde sich seinem Partner näherte, ja, ihn sogar anfasste und ihn Richtung Quelle schob. Die Krallen ausgefahren, bohrten sich die scharfen Klauen in das weiche Holz, hinterließen dort winzige Rußspuren. Als die Frau dann letztendlich ihre Hände auf die Schultern des Weißhaarigen legte, löste Jasper sich aus seiner statuenähnlichen Starre und schlich auf leisen Pfoten lauernd den Ast etwas hinab, um die beiden Menschen besser im Blick behalten zu können.
Notos hingegen wartete unschlüssig auf... ja auf was eigentlich? Diesmal war er es, der dezent verwirrt bewegungslos an Ort und Stelle verharrte. Die Heilerin hatte ihn vorgewarnt, dass er etwas ungewohntes spüren konnte. Allerdings... er spürte nichts. Rein gar nichts. Dabei war er sich ziemlich sicher, dass seine Helferin sicherlich etwas tat. Sie schien äußerst konzentriert. Allerdings war es doch eine leicht sonderbare Situation für ihn, einfach nur untätig still auf einem Stein zu sitzen, während er so nah vor sich die Aura der Fremden sah und ihre Hände auf seinen Schultern spürte... während NICHTS passierte. Aber guuut, er musste ja nicht alles verstehen.
...
Kleine Korrektur. Er musste nicht alles verstehen. Aber er wollte es.
Der Drachenritter rang seine aufkeimende kindliche Wissbegierde und die damit verbundene Unruhe nieder – alleine schon deswegen, weil er die junge Frau nicht stören wollte, bei was auch immer sie genau tat – und suchte, die Lippen aufeinandergepresst, nach irgendeiner Ablenkung. Was hatte die Fremde vorhin verkündet? Ah ja, genau. Sie hatte einen Wolf gesehen. Er hatte von Wölfen gelesen und in Büchern auch Bilder von ihnen zu Gesicht bekommen. Diese Rudeltiere lebten in kleinen Gruppen, zumeist nur vereinzelt in den wilden Ebenen im äußeren Ring. In manchen fragwürdigeren Kreisen wurden sie seines Wissen nach gerne als exotische Tiere gehalten. Gesehen hatte er einen Wolf mit eigenen Augen jedoch nie. Allerdings änderte es nichts an dem, dass es weiterhin Tiere waren. Die somit keine besonderen Fähigkeiten besaßen, welche ihnen ein rasantes Verschwinden ermöglichen konnten. Das war es doch eben, was Tiere von Monstern, Drachen und Menschen unterschied. Der starke Zugriff auf das eigene Körpermana.
...Warte mal.
Seine Intuition meldete sich in Form eines elektrisierenden Kribbelns in seinem Hinterkopf, welches ihm einen Schauer über den Rücken jagte. Vorhin... als die Fremde sich an ihn das erste Mal angepirscht hatte. Da hatte er doch ihre Aura... Sein Atem stockte kurz, noch bevor er den Gedanken zu Ende denken konnte. Eine dunkle Vorahnung befiel ihn. Er hatte sie für die Aura eines Tieres gehalten. Damals hatte er die Schuld für diesen sonderbaren Irrtum seinem körperlichen Zustand zugeschoben. Aber was wenn doch...?
Fast schon erschrocken zuckte Notos zusammen, als die junge Frau ihn auf einmal erneut berührte, um ihn ein wenig zurechtzuschieben und sein Oberteil hochkrempelte. Er hatte gar nicht gemerkt, dass sie ihn inzwischen losgelassen hatte... er musste sich zusammenreißen. Seine Alarmbereitschaft durfte niemals derartig fallen. Der Drachenritter tätigte ein paar tiefe Atemzüge – was die Fremde scheinbar auch tat. Wenngleich aus einem anderen Grund. Deutlich hörte er, wie sie scharf die Luft einsog. Ihre leise Frage entlockte ihm dann jedoch doch ein kleines Lachen. „Das ist sicherlich ein Satz, den man gerne von einem Heiler hört", antwortete er halb sarkastisch, halb witzelnd, ehe er wieder verstummte, um sie ihn Ruhe arbeiten zu lassen. Außerdem konnte er so....
Eigentlich missfiel es Notos zutiefst, was er nun vorhatte. Auren zu beobachten war eine Sache. Sie zu durchforsten, tiefer einzudringen, das... das war etwas völlig anderes. Etwas sehr Persönliches. Etwas, was ihm nur möglich war, solange eine Person sich sehr nahe bei ihm befand, bestenfalls sogar berührte. Normalweise tat er dies nur in Ausnahmefällen. Oder mit ausdrücklicher Erlaubnis. Zumal es eigentlich immer zu spüren war, wenn jemand mit der Aura eines anderen manipulierte. Aber auch nur, wenn man auf sein Körpermana Zugriff hat, wisperte eine kleine Stimme in seinem Hinterkopf.
...
Vielleicht reichte es ja auch, wenn er ihre Aura nur oberflächlich abtasten würde. Sehr oberflächlich.
Der Weißhaarige beobachtete die Fremde dabei, wie sie erneut etwas tat, was außerhalb seines Verständnisses lag. Es... war absurd. Der alleinige Gedanke daran war irrsinnig. Er hatte nie, NIE, einen Menschen gesehen, der nicht auf sein Mana Zugriff hatte. Selbst bei den wenigen Personen, die er getroffen hatte, die bewusst versuchten, den Gebrauch von Magie auf ein Minimum zu reduzieren. Und die junge Frau tat auf jeden Fall etwas. Er sah klar und deutlich, wie ihr Körper auf ihre Tätigkeiten reagierten, sich der ihm altbekannte grüne Schimmer an ihren Handflächen zu sammeln und stärker zu glühen begann. Aber... sie benutzte diese Magie nicht. Oder zumindest... nicht wirklich? Nicht wie er gewohnt war? Am allerliebsten hätte er seinen eigenen inneren Schutz, den er um die Wunde herum errichtet hatte, für einen Moment aufgehoben. Zu groß war seine Neugier darauf, ob er etwas von dieser ungewöhnlichen Heilmethode spüren konnte. Seine Furcht vor seinem eigenen Partner war allerdings stärker. Besser gesagt, die Sorge, wozu Jasper fähig wäre, wenn er auch nur die leisesten Anzeichen bemerken sollte, dass sich die Schmerzen seines Gefährten während der Behandlung verstärken sollten. Denn das würden sie definitiv tun, wenn er sein Körpermana wieder direkt und in voller Stärke in die Verletzung fließen lassen würden. Und er wollte nicht, dass sein Partner die Heilerin angriff, nur weil er sich und seine Wissbegier nicht unter Kontrolle hatte.
Sein ungläubiges, intensives Starren wurde zeitnah unterbrochen. Für den winzigsten Bruchteil einer Sekunde hatte er das Gefühl, dass sich blasses Blau in den sonst so weißen Schleier seiner Sicht schlich. Heller, als es der Himmel jemals sein könnte. Nach einem einzigen Blinzeln war es jedoch auch schon wieder vorbei. Notos unterdrückte den Drang seine Augen zu reiben. Nicht dass die Fremde ihm dazu die Zeit gegeben hätte, bei dem Wasserfall an Fragen, der sich über ihn ergoss. Seine gutmütige, beschwichtigende gemeinte Miene, die er nach der anfänglichen Sorge in ihrer Stimme aufgesetzt hatte, spiegelte bald so etwas wie... aufrichtige Anerkennung wider. Alle Achtung, die junge Dame war erstaunlich gut darin, diese Dinge schnell zu bemerken. Wenn man diese Aufmerksamkeit trainieren würde, hätte sie gute Chancen gehabt, in seinen Orden aufgenommen zu werden. Vielleicht hätte sie sogar im selben Bereich wie er arbeiten können. Diese Frau, seine ganze Situation hier... es wurde immer kurioser und kurioser. Der Drachenritter spürte, wie in eine gewisse Aufregung und Faszination in die Mangel nahm. Gut. Diese Herausforderung nahm er an. Er wird früher oder später hinter die Lösung dieser Rätsel kommen. Oder sein Name war nicht – oh, sie nannte ihm ihren Namen.
Der sowieso schon leichte Anflug eines freudiges Lächelns wandelte sich in ein breites, verschmitztes Grinsen, als die Fremde ihm endlich ihren Namen anvertraute. Nirah also. „Ein hübscher Name.", meinte er ehrlich. „Freut mich, deine Bekanntschaft zu machen." Na ging doch! Eine Information für eine Information, ein Gefallen für ein Gefallen, ein Geheimnis für ein Geheimnis. Mittlerweile könnte man dies fast als seine Lebensdevise bezeichnen. Wer mit ihm regelmäßig zusammenarbeitete, würde ein Lied davon singen können. Aber er bleib beim Austausch von Wissen und Hilfe immer fair. Er musste nur überlegen...
Der Weißhaarige fand wieder zu seiner Ruhe zurück und schmunzelte leicht. „Und du stellst immer noch sehr viele Fragen, kleine Miss." Und glaub mir, ich habe mindestens so viele wie du, hätte er am liebsten hinzugefügt. Für einen Moment hüllte er sich in nachdenkliches Schweigen. Die Frage war: Was konnte er ihr verraten? Ohne dass er dabei sie oder sich in Gefahr brachte. Aber dann wiederum... egal wie er es drehte und wendete, er sah keinen guten Grund, ihr nicht zumindest ein paar Antworten zu liefern. Selbst wenn ihn jemand verfolgen sollte, die Fremde... nein, Nirah hatte so viel Zeit mit ihm verbracht, dass alleine eine Beschreibung von ihm ausreichen würde, um andere eindeutig wissen zu lassen, dass er hier gewesen war. Wobei er mittlerweile stark bezweifelte, dass ihn jemand suchen würde. Wenn alleine der Gedanke nicht so absurd wäre, hätte er fast behauptet... aber das war unmöglich. Über dem Wolkenmeer befand sich nur Arcadia. Und unter dem Wolkenmeer war noch nie jemand gewesen. Oder zumindest lebend rausgekommen, um davon zu berichten. Die Luftströmungen waren zu tückisch, um überhaupt durch die dicke Schicht an Wolken zu kommen. Nein, er befand sich sicherlich irgendwo im äußeren Ring. Nur... sehr, sehr weit entfernt und sehr weit unterhalb von anderen Inseln. Und zwar so weit entfernt, dass kein Drache oder Mensch jemals seinen Weg hierher gefunden hat...
Notos ordnete kurz seine wirren Gedanken, bevor er mit einem sanften Lächeln endlich das Wort erhob: „Nun, um vielleicht mit dem Wichtigsten anzufangen: Bitte bezeichne meinen Gefährten nicht als Monster. Er ist so viel mehr als das. Wenn nicht sogar das genaue Gegenteil. Außerdem ist er nicht mein Besitz. Wie gesagt sind wir gleichberechtigte Partner. Und sein Name ist Sir Jasper vom Donnerfels. Und ja, solange er dich nicht als Freund betrachtet, wird er darauf bestehen, dass du ihn zumindest als Sir Jasper betitelst, sonst wird er erst recht auf dich hören." Der Drachenritter wirkte bei dem letzten Satz belustigt, wenngleich es sein voller Ernst war. Sir Jasper hingegen hatte die bisherige Entwicklung der Geschehnisse recht skeptisch mitverfolgt. Als der kleine Drache jedoch seinen Namen hörte, blickte er Nirah widerwillig an – bevor er tatsächlich aufstand und mit leicht abgespreizten Flügeln zu nicken schien. Ein wenig wirkte es auf sehr unbeholfene Weise wie eine Art Verbeugung.
Eine Geste, die sein Partner ihm kurz darauf nachtat. „Und zu der Frage, wer ich bin... nun, dort wo ich herkomme, nennt man mich die Donnerschwinge. Doch bitte, nenn mich Notos." Der Weißhaarige deutete mit einem Schmunzeln eine spielerische, überschwängliche Verbeugung an. Und haderte abermals er damit, mehr zu sich zu erzählen. Was hätte er ihr auch mehr erklären können? Sie kannte die Farben seines Orden augenscheinlich nicht und von Stoffen hatte er schon erst recht keine Ahnung. Bisher war er immer davon ausgegangen, dass seine Kleidung der normalen Ausrüstung eines jeden Indigos, ja sogar einem guten Teil der Bevölkerung entsprach. Und über seine Verletzung und ihre Herkunft wollte er... momentan nicht wirklich reden. Erst recht nicht mit ihr.
Wobei ihm gerade letzteres schwer fiel. Erst recht, wenn er so deutlich die Sorge aus ihrer Stimme raushören konnte. Fast schon hätte er seine Schwester vor sich sehen können, wie sie tadelnd die Hände in die Hüfte gelegt hatte, während ihn grünen Augen besorgt musterten.
Bei allen Göttern, was hast du jetzt schon wieder angestellt, Nol?
„Und ich habe nichts angestellt. Besser gesagt, es nicht meine Schuld. Ausnahmsweise.", rückte er sehr, sehr zögerlich mit der Sprache raus. „Ich wurde nur etwas überraschend angegriffen. Und keine Sorge, das hier ist nur ein Kratzer. Der bringt mich schon nicht um." Etwas zwischen Witz und unerschütterlichem Optimismus schwang in seiner Stimme mit. „Oh und Schmerzen habe ich vermutlich. Aber ich bin gut darin... sie zu ignorieren?" Er grinste verhalten. Wie erklärte man jemanden, der vielleicht nicht mit Körpermana umgehen konnte... „Solange ich es nicht übertreibe, wird schon alles gut werden. Aber ich danke dir dennoch für alles."
Weit entfernt erklang ein weiteres Rascheln. Sofort schellte sowohl Jaspers Kopf in die Richtung, die Ohren steif aufgerichtet. Doch soweit Notos erkennen konnte, war es nur ein Tier. Vermutlich. Der Drache wandte seine Aufmerksamkeit jedoch weiterhin nicht von der Richtung ab. Der Weißhaarige sparte sich seinen Anteil der Fragen erstmal auf. Das hatte Zeit und er war geduldig. Sowieso würde er wohl mehr klären können, wenn er wieder etwas sehen konnte. Und er musste nur seiner Neugier willen nicht noch eine junge Dame in Gefahr bringen. Lächelnd wand er sich an die junge Heilerin, versuchte das Thema in eine andere Richtung zu lenken. „Aber sag, du meintest vorhin, dass ich Schwierigkeiten haben würde, das nächste Dorf vor Sonnenuntergang zu finden. Solltest du dich dann nicht auch langsam auf dem Weg machen? Ich würde zwar anbieten, dich zum Schutz zu begleiten, aber vermutlich bist du besser ohne mich unterwegs."
Re: The Headwinds - Handlung
von Saphyr am 15.08.2022 00:05Nirah sah den Mann aus zusammengekniffenen Augen an. Natürlich konnte sie genügend Ruhe zur Meditation aufbringen. Das war ein wichtiger Teil ihrer Ausbildung. Zwar fühlte sie ihre Umgebung und die stetig fließenden Energien mühelos, nur durch innere Ruhe war es jedoch wirklich möglich, eins damit zu werden. Sie hätte sonst niemals ihre Vision am Mutterbaum empfangen können, wäre unfähig ein tieferes Verständnis für die Natur zu erlangen. Sie wäre keine richtige Wächterin, wenn sie nicht in der Lage wäre, eine Verbindung zum Willen des Mutterbaumes herzustellen. Das war es doch, was sie von den übrigen Menschen unterschied. Wie sollte sie sonst verstehen, was es zu tun galt, um das fragile Gleichgewicht zwischen Leben und Tod zu wahren? Sie gab deshalb darauf ein leises "Natürlich kann ich das." von sich. Erst danach wurde ihr wieder bewusst, dass der Fremdling womöglich gar nicht wusste, was eine Wächterin war. Bisher hatte er ja nicht den Anschein gemacht.
"Es war ein Wolf." sagte sie anschließend nachdenklich und erwartete keine weitere Antwort mehr. Er würde kaum verstehen, welche Bedeutung sowohl ihre Vision, als auch ihr Traum von heute für sie hatten. Deshalb versuchte sie es gar nicht erst. Wenn sie so recht darüber nachdachte, war sich Nirah ganz sicher, dass dieses Tier irgendeine Art von Zeichen gewesen sein musste. Selbst wenn es nur Einbildung gewesen war. Leider verstand sie noch immer nicht, worauf man sie hatte hinweisen wollen. Auf die Lichtung? Wofür denn bitteschön?
Nirah schenkte dem Mann schließlich einen bösen Blick, als er sie als niedlich bezeichnete. Dann wurde ihr klar, dass er es ohnehin nicht sehen würde. Dann war sie eben deutlich kleiner und mit Sicherheit auch schwächer, das machte sie noch lange nicht niedlich. Und würde sie keinesfalls davon abhalten....Sie verzichtete auf einen weiteren Kommentar. Es brachte doch nichts. Sie würde ihm nur in die Karten spielen, wenn sie sich sichtbar darüber ausließ. Dieser eingebildete, überhebliche...
Fast hätte sie in ihrem Groll übersehen, dass sich irgendetwas in der Haltung des Fremden verändert hatte. Er wirkte fast...getroffen. Zumindest irritiert. Weil sie ihm Halluzinationen unterstellt hatte? War das wirklich so viel schlimmer, als die anderen Sachen, die sie gesagt hatte. Nirah verdrehte die Augen. Seinen seltsamen Kommentar zur Unsichtbarkeit ignorierte sie völlig, nahm ihn eigentlich kaum wahr.
Er folgte ihr doch tatsächlich ohne Widerworte. Besser so, denn das drängende Gefühl von Bedrohung wurde mit jeder Sekunde greifbarer. Sie zuckte zusammen, als er aufeinmal direkt neben ihr auftauchte und seine Hand an die Waffe legte. Ihre Muskeln spannten sich an, bereit zu handeln. Doch er wollte sich nur führen lassen. Sie war nicht zufrieden über seine plötzliche Nähe, musste jedoch zugeben, dass sein Vorhaben effektiv war. Sie hatte im Alltag normalerweise nichts mit Blinden zu tun. Es war leicht zu vergessen, dass dem Mann die Fortbewegung nicht so leicht fiel wie ihr. Es nützte gar nichts, wenn sie aus dem Wald heraus war, während er irgendwo hinter ihr auf dem Boden lag, weil er über einen Ast gestolpert war. Nirah war kaum stehen geblieben und beschleunigte ihre Schritte nun stark.
Ein stechendes Kribbeln schickte weitere Schauer über ihren Nacken, ihre Wirbelsäule entlang. In immer kleiner Abständen, mit mehr Nachdruck. Sie hörte ein Rascheln, ganz nahe. Nirah ließ ihre freie Hand zu ihrem Dolch wandern und...Sie hatten es geschafft. Mit pochendem Herzen und bis zum Zerreißen angespannten Muskeln wandte sie das Gesicht der Nachmittagssonne zu. Der Druck in ihrem Hinterkopf ließ abrupt nach und Nirah war sich sicher, dass die Gefahr hinter dem Waldrand verbleiben würde. Vorerst.
Sie wollte den Mann zu der Quelle führen, die kaum ein paar Schritte entfernt war. Doch der entschied sich bereits alleine ein paar Schritte voranzugehen. Nirah bemerkte, dass er kein weiteres Interesse an der Hellebarde mehr hatte. Sie war gerade dabei sich ein wenig zu entspannen. Bevor ihr das gelang oder sie gar irgendetwas sagen konnte, kehrte erneut der Eindruck von drohender Gefahr zurück. Es fühlte sich anders an, hatte womöglich einen anderen Ursprung. Sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Mit atemberaubender Geschwindigkeit schoss etwas auf ihr Gesicht zu, verfehlte sie nur knapp. Etwas streifte ihre Wange und erzeugte einen undefinierbaren prickelnden Schmerz in ihrer Haut. Nirah war geistesgegenwärtig genug, nicht aufzuschreien, während ihr Körper Energie in ihre Adern pumpte. Bereit zu kämpfen, den Dolch schon in der Hand - besser als nichts - wandte sie sich um, um der Bewegung zu folgen.
Es dauerte ein paar Sekunden bis sie alle Einzelheiten der Lage richtig erfasst hatte. Das Wichtigste: Nicht weit von ihr entfernt hockte ein tierartiges Wesen mit Flügeln und gefährlich aussehenden Klauen, das sie ganz eindeutig bedrohte. Sie sah es an seiner Haltung genauso wie an dem Knurren und dem Aufblitzen von Zähnen und Krallen. Nirah zweifelte nicht daran, dass es sie ernsthaft verletzen könnte, trotz seiner geringen Größe. Es starrte sie eindringlich an. Nirah starrte zurück. Bildete sie es sich ein, oder war da so etwas wie Intelligenz in seinen Augen?
Das zweite, was sie bemerkte war, dass der fremde Mann entgegen aller Erwartungen weder zum Schwert griff, noch überhaupt sichtbar beunruhigt wirkte. Ganz im Gegenteil. Das war es, was sie davon abhielt sofort alle erdenklichen Maßnahmen zu treffen, um das Wesen zu verscheuchen oder zu bekämpfen.
Als letztes wurde ihr klar, dass sie noch nie ein vergleichbares Wesen gesehen hatte. Sie hatte auch keine Ahnung, wo sie es einordnen sollte. Vogel, Katze oder doch einfach nur ein Monster?
Tausend weitere Fragen schossen durch ihren Kopf, als der Fremde mit dem Wesen sprach wie mit einem alten Bekannten. Sie konnte nicht anders, als wortlos weiter zu starren. Selbst als es von seinem Platz aufsprang um es sich auf einem Ast bequem zu machen, folgten Nirahs Augen dem seltsamen Wesen. Also doch eher Vogel, wisperte eine leise Stimme nicht sehr hilfreich. Das Wesen schien seinerseits seinen Blick nicht von ihr lassen zu können. Das Misstrauen wurde eindeutig erwidert.
"Es hört auf dich." stellte sie verwundert fest. "Du hast dir nichts eingebildet." fügte sie kurz darauf fast flüsternd hinzu. Das sollte sein Partner sein, mit dem er im Wald gelandet war? Vielleicht war nicht er vom Baum gestürzt, sondern das kleine Wesen, versuchte sie sich selbst die Geschehnisse zu erklären. All ihre Gedanken beantworteten nicht wirklich ihre Fragen.
Nirah sah erst wieder den Fremden an, als sie seine klare Drohung hörte. Betont langsam steckte sie den Dolch weg, den sie bis eben noch in ihren verkrampften Fingern gehalten hatte.
"Solange es mich nicht angreift, werde ich ihm auch nichts tun. Aber ich glaube es... hat mir eben einen Stromschlag verpasst...?" sagte sie, mit anhaltender Verwirrung. Sie warf wieder einen schnellen Blick zum dem Wesen. Es saß regungslos auf dem Ast, schien tatsächlich Wache zu halten.
Sie ließ den 'Partner' des Mannes nicht aus ihrem Blickfeld und entschied sich, endlich zu tun weshalb sie immernoch hier war. Sie schob den Fremden zu dem großen Stein an der Quelle, sorgte dafür dass er sich hinsetzte. Bevor sie sich die Wunde an seinem Bauch anschaute, legte sie beide Hände auf seine Schultern, die Waffe dafür vorsichtig auf den Boden.
"Wir werden immernoch beobachtet. Ich verschaffe uns etwas Zeit. Nicht erschrecken, du könntest etwas spüren, das ungewohnt für dich ist." warnte sie.
Nirah schloss die Augen. Zuerst bedankte sie sich dafür, das sie bis jetzt verborgen gewesen war und ließ den Schutz gehen. Es war keine schwierige Sache genügend Energie zielgerichtet auch über einen längeren Zeitraum an ihren Körper zu binden, um ihre Präsenz zu verschleiern. Das half ihr nur nicht wenn sie nicht alleine war. Sie schickte stattdessen ein stummes Stoßgebet in den Himmel, das den Segen sämtlicher Elemente sowie der heiligen Mutter selbst erbat. Es war die verkürzte Form eines Schutzrituals, welches normalerweise einiges an Vorbereitung und mehrere Teilnehmer brauchte, um seine Kraft wirklich entfalten zu können. Nirah hoffte einfach, dass es genügte, wenn sie sich die rituellen Schalen gefüllt mit Wasser, Erde und brennenden Kohlen visualisierte und sie mit dem Ruf nach Kraft und Schutz verband. Sie nutzte das leise Plätschern der Quelle und streckte ihre Sinne nach deren unverdorbener Essenz aus.
Ein sanfter Schleier, wie ein kühler Hauch Luft legte sich über Nirahs Haut. Sie spürte wie es nicht nur sie, sondern auch den Mann und ein wenig der Fläche um sie herum umgab. Die Quelle eingeschlossen. Die Frage war nur, wie stark war der Schutz und wie lange würde er halten?
Es dauerte einige Zeit bis sie die Augen wieder öffnete. Sie ließ sie die Schultern des Fremden los, nur um sich direkt der Wunde an seiner Seite zu widmen. Sie schob ihn ein wenig zurecht und hob dann den Stoff seines Oberteils gerade weit genug um sich die Verletzung genauer ansehen zu können. Das was sie sah, war nicht, was sie erwartet hatte. Obwohl noch von getrocknetem Blut umgeben, schien sich die Wunde bereits geschlossen zu haben. Als wäre sie mindestens zwei Tage alt. Sie erkannte, dass es nicht allzu tief gewesen war. Trotzdem sah die Verletzung alles andere als gut aus. An der Stelle, wo die Haut begonnen hatte wieder zusammenzuwachsen, ließ sich eine dunkle Linie erkennen. Dunkler als eine Kruste es sein sollte. Darum herum zeichneten sich sichtbare Adern ab. Statt dem Rot einer Entzündung war die umgebende Haut jedoch aschfahl. Die Adern bildeten mit einer satten dunkelvioletten, fast schwarzen Färbung einen starken Kontrast dazu. Und sie pulsierten, wurden regelmäßig dunkler und wieder heller. Als würde Farbe hindurch gepumpt werden.
Nirah sog scharf die Luft ein. "Was in aller Welt...?" murmelte sie. Sogleich hantierte sie mit ihrem Beutel und zog ein kleines hölzernes Behältnis mit einer Salbe hervor, die dazu gedacht war kleinere Blutungen zu stillen und die Heilung zu beschleunigen. Sie trug sie großflächig auf und schloss ein weiteres Mal die Augen, dieses Mal um die Energie ganz bewusst zu dem Fremden zu lenken. Zuerst gezielt auf die Wunde, um die Wirkung der Kräuter zu verstärken, dann durch ihn hindurch um seinen Körper anzuregen und zu kräftigen. Dieser Ort barg viel Kraft in sich und so hoffte Nirah, dass es reichen würde um dem Mann die größtmögliche Linderung zu verschaffen. Für einen Moment konzentrierte sie sich auch auf seine Augen, ohne Hoffnung, dass es etwas bringen würde. Mehr stand für den aktuellen Zeitpunkt nicht in ihrer Macht. Die Umgebungsenergie ließ sich nur bis zu einem gewissen Grad für solch komplexe Anwendungen nutzen. Ihre Natur war es zu fließen. Sobald sie sich nicht mehr darauf konzentrierte, floss sie weiter in ihren gewohnten Bahnen.
Erst als sie ihre Behandlung abgeschlossen hatte, erlaubte Nirah ihrem Bewusstsein sich auf etwas anderes zu richten. Zum Beispiel darauf, dass es hier ganz klar zu viele offene Fragen gab.
"Was zur Hölle hast du angestellt?" fragte sie den Fremden besorgt. "Das sieht nicht gut aus. Ich habe getan, was ich konnte, aber ich weiß nicht ob es ausreichen wird." Sie legte den Kopf schief. "Und überhaupt...Du hast einen fliegendes Monster...So etwas habe ich noch nie gesehen. Deine Kleidung fühlt sich nicht an, wie normaler Stoff. Die Farben passen nicht schon gar nicht hierher. Deine Verletzung sieht mehr als nur bedenklich aus, trotzdem scheinst du keine Schmerzen zu haben. Deine Waffe sieht aus wie von einem Kunsthanderwerker. Wer bist du?" stellte sie ihre Frage, in der genauso Neugier wie auch echte Bestürzung herausklang.
"Und bevor du fragst" schnaubte sie. "Ich heiße Nirah."
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Re: The Headwinds - Handlung
von Zladune am 13.08.2022 17:27„Oh, ich weiß", konterte Notos vergnügt auf die sofortige Ablehnung der jungen Frau, „aber das ändert nichts daran, dass ich dich gut leiden kann." Seine direkte Aussage vorhin schien der plötzlichen, kurzen Stille nach zu urteilen die Fremde doch ein wenig aus der Bahn geworfen zu haben. Er nahm dies mit einem amüsierten Lächeln zur Kenntnis. Und doch war sie gewillt, jegliche negative Gefühle ihm gegenüber zur Seite zu legen, um ihm zu helfen. In gewisser Weise imponierte es ihm – auch wenn er ihr dies niemals auf die Nase binden würde. Oder zumindest noch nicht sofort.
Abendessen erlegen also. Nun, dabei konnte er ihr kaum behilflich sein. Dank seiner Sicht konnte er allerhand Wesen aufspüren, mit etwas Glück und Geschick vielleicht auch erlegen. Doch die anschließender Verwertung und Zubereitung der erlegten Tiere? Die Lektionen dazu, die er damals über sich ergehen lassen musste, waren mehr als ein Jahrzehnt her. Und was die andere Sache anging... „Du hast die Geduld zum Meditieren? Alle Achtung, kaum zu Glauben.", verkündete er mit einem spöttischen Unterton, bevor das neckende Grinsen ernster wurde und er tatsächlich zu überlegen schien. „Sicher, dass es ein normales Tier war?" Er kannte Bestien und diverse Monster, die mit einem Mal rapide ihre Schnelligkeit erhöhen konnten oder die sich dank speziellen Stoffen im Fell unsichtbar machen konnten. Beides gut, um plötzlich verschwinden zu können. Tiere hingegen hatten nur selten die Fähigkeit, derart auf ihr Körpermana zuzugreifen. Wenn das in diesem seltsamen Gebiet anders sein sollte... nun, für ihn wäre es ein revolutionärer Fund.
Die Fremde begab sich nun in die Richtung, in der sich seine Hellebarde befand. Auf ihre vorherige Worte, er solle nicht tun, als würde sie ihm ihre Hilfe aufzwängen, antwortete er nicht, lächelte nur vielsagend. Zumindest so lange, bis sie ihm wieder drohte. „Du kannst sehr niedlich sein, hat dir das schon mal jemand gesagt?", entwich es ihm mit einem amüsiertem Schmunzeln. Sie beide wussten, dass er sie im Bruchteil einer Sekunde an den Boden pinnen könnte, sollte sie sich dazu entscheiden... nun, andere Dinge zu treten.
Ihre Aura flackerte kurz daraufhin auf. War es wieder die Wut, die sie übermannte oder... Notos bekam nicht die Zeit, sich mehr darüber zu wundern. Er erstarrte geradezu. Was hatte sie da gerade verkündet?... Am liebsten hätte er sie an den Schultern gepackt und verlangt, dass sie das eben Gesagte wiederholte. Das Schlimmste war, dass sich seine Gesprächspartnerin wohl überhaupt nicht bewusst war, welche Bedeutung ihre Aussage für ihn hatten.
Der Weißhaarige brauchte einen verräterischen Tick zu lange, um auf ihre spottenden Kommentare zu antworten. Und selbst dann klangen seine Worte leise. Viel zu ernsthaft, viel zu abwesend. „Nein, nein, unsichtbar kann er nicht werden. Haben wir bisher noch nicht hingekriegt..." Obwohl Mondweberin sich sehr bemüht hatte, es ihnen beizubring – was ging hier vor sich?! Notos bemühte sich, einen klaren Gedanken zu fassen. Partner, Gefährten, Seelenverwandte... den Drachen, die mit Menschen eine Bindung eingehen, gab man viele Namen. Doch jeder wusste immer sofort, was mit diesen Bezeichnungen gemeint war. Die Tatsache, dass die Fremde dies nicht tat, ja, scheinbar noch nicht mal hinterfragte, warum sein Partner nicht bei ihm war... was hatte das zu bedeuten? War es das, was seine Intuition ihm schon seit seiner Ankunft klarmachen wollte? Mit dem Gefühl, dass hier etwas nicht richtig, nicht normal war? Die fehlende Präsenz von Drachen? Oder... lag es noch an etwas anderem?
Der Drachenritter zwang sich, tief einzuatmen. Prioritäten setzen. Wundern konnte er sich später, erstmal musste er wieder in Form kommen. Seinen Partner finden. Und... Er schielte zur Fremden, die unruhiger als zuvor schien. Aus ihren unheilvollen Worten konnte er sich keinen Reim machen. Auf seinem Radar war ihm bisher nichts ungewöhnliches aufgefallen. Er haderte einen Augenblick lang damit, der jungen Frau zu folgen. Sein Kopf zischte ihm zu, dass es töricht wäre, ihr hinterherzugehen. Er sollte sich noch nicht zu sehr bewegen. Es könnte eine Falle sein. Vertraue niemandem. Seine Intuition verkündete ihm jedoch, dass er vor sich eine Einheimische hatte, die dieses Gebiet, seine Bewohner und Gesetze weitaus besser kannte, als er selbst.
Notos gab sich einen Ruck und bewegte sich nach vorne. Mit der Hoffnung, dass er nicht über irgendeinen Stein oder Ast stolpern und sich somit zum Idioten machen würde. Er versuchte den schwachen Hauch von Aura zu folgen, den die Fremde auf ihrem Weg hinterlassen hatte, imitierte jeden ihrer Schritte – und befand sich auf einmal auch schon neben ihr. Er bekam seine Hellebarde zu fassen. Doch statt diese der jungen Frau zu entreißen, ließ er seine Hand nur nahe oberhalb der ihren ruhen. „Es hilft mir bei der Orientierung,", gab er knapp von sich und lächelte anschließend: „Also dann, führe den Weg an." Sie hatten scheinbar keine Zeit für Zankereien, die Fremde würde ihn zumindest dies gewähren lassen.
Ein lautes Knacken ertönte hinter ihnen, kaum dass sie abermals den Weg aufgenommen hatten. Inzwischen war das Wesen nah genug, dass Notos dessen massive Aura wahrnehmen konnte. Es lauerte im selben Gebüsch, wo sich seine Hellebarde vorhin befunden hatte. Der Weißhaarige umklammerte seine Waffe fester, während er unbeirrt weiterlief. So wie das Wesen auch. Es stand auf, schlich sich an. Rascheln war zu hören, als die Kreatur sich ihnen näherte, entschlossen, mit einem direkten Ziel vor Augen. Dann verschnellerte es auf einmal seinen Gang, machte einen Satz und... warmes Sonnenlicht streifte das Gesicht des Drachenritters, stärker als zuvor. Sie hatten die Lichtung erreicht. Noch einmal scannte Notos seine Umgebung, doch von der Präsenz des Wesens war nichts mehr zu spüren. Es war wie vom Erdboden verschluckt.
Und es hielt sich auch weiterhin fern, auch als der Weißhaarige für einen weiteren, langen Moment nur ruhig dastand und lauschte. Er hörte Wasser. Nur leise aber... eine Quelle vielleicht? Er tätigte ein paar kleine Schritte in die Richtung, entfernte sich von seiner Begleiterin – ein Zischen war zu hören. Es klang, wie ein Pfeil, der durch die Luft surrte. Etwas flog haarscharf am Kopf der jungen Frau vorbei, zu schnell, um den Angreifer zu erkennen. Erst als dieser zwischen ihnen landete, konnte man die Kreatur sehen. Den raubkatzenartigen Kopf allein zum kleinsten und für ihn schwächsten Glied der Truppe gewendet, wich sein Blick keine Sekunde lang von der Fremden. Ein dunkles Knurren erfüllte die Lichtung, als das Wesen seine Zähne fletschte. Blut war an diesen und an den Lefzen zu erkennen. Eine mit langen Krallen ausgestattete Pranke war angehoben, als wolle es jeden Augenblick zum finalen Hieb ansetzen.
Zwischen den beiden Menschen befand sich ein.... kaum halben Meter großes Bündel an Federflaum in den unterschiedlichsten Erdtönen. Der schiefergraue Rücken und Kopf ging zur Bauchseite hin in weichere, helle Sandfarben über. Die Flügel weit ausgestreckt und den gefächerten Schweif in die Höhe gerichtet, fauchte es drohend. „Mein guter Sir", gab Notos mit spielerischen Spott von sich, „wir drohen keinen Damen." Die flauschigen Ohren zuckten nach hinten, doch die angespannte Haltung blieb. Der Drachenritter seufzte gutmütig auf: „Sie ist eine Heilerin. Sie wollte sich meine Wunde ansehen und versuchen, mir zu helfen. Auch wenn mir ganz klar nicht mehr zu helfen ist. Würdest du solange über uns wachen und uns schützen?" Dieses Argument erzielte mehr Wirkung. Die goldbraunen Augen zu Schlitzen verzogen, starrte das Wesen die Fremde noch für einen Wimpernschlag nieder. Dann, mittels eines Manövers, welches man eher als Sprung als Flug bezeichnen konnte, hob es ab und ließ sich an einem tiefsitzenden Ast nieder. Nun still wie eine Statue sitzend, schien es jede einzelne Bewegung der jungen Frau zu verfolgen.
Notos ignorierte dieses viel zu beschützerische Verhalten, ging lieber gleich in eine Erklärung rüber. „Ich würde euch beide ja vorstellen, aber da ich deinen Namen immer noch nicht kenne, sei nur so viel gesagt: Das hier ist mein Partner. Und sollte jemand versuchen, ihm ernsthaft Schaden zuzufügen, werde ich denjenigen um sein Leben bringen." Im völligen Kontrast zu dem todernsten Ton behielt der Weißhaarige sein ruhiges Lächeln. Das war eine Grenze, die man niemals überschreiten sollte. Und apropos Grenzen. Mit dem Kopf wandte er sich abermals zur Quelle. Irgendetwas befand sich in dieser Richtung, wanderte ruhelos an der Grenze seiner Wahrnehmungsfähigkeiten umher. Es betrat diesen Radius jedoch nie so lange, um eine klare Aussage treffen zu können, was es war. Es konnte ein Biest sein genauso wie ein Hase oder ein anderes Tier, welches friedlich im Wald graste. Notos fasste innerlich den Entschluss, zur Sicherheit in Alarmbereitschaft zu verharren. Auch wenn dank der Drachen-Präsenz seines Partners wohl erstmal nichts zu befürchten war.
Re: The Headwinds - Handlung
von Saphyr am 12.08.2022 00:27Nirah sah den Fremden mit zusammengekniffenen Augen an. Sie hatte ihm doch gerade angeboten, sich um ihn zu kümmern. Was gab es da wieder zu lachen? Sie hatte ein Dankeschön als erste Reaktion erwartet. Oder die Aufforderung ihn in Ruhe zu lassen, weil er das schon alleine regeln konnte. Beides wäre ihr Recht gewesen. In letzterem Fall wäre sie einfach gegangen. Sie konnte Leute nicht zu ihrem Glück zwingen. Stattdessen hob er die Hände und entschuldigte sich doch tatsächlich für seinen amüsierten Ausbruch, nur um sie kurz darauf noch mehr zu verwirren. Ich mag dich. Nirah sah den Fremden mehrere Sekunden lang still an. Sie hatte rein gar nichts getan, was diese Äußerung rechtfertigte. Außerdem klang kurios nicht unbedingt nach einem Kompliment. Kurios war hier höchstens sein seltsamer Sinn für Humor.
"Die Sympathie beruht nicht auf Gegenseitigkeit." stellte sie schließlich klar. "Ich helfe dir nur, weil es meine selbstauferlegte Pflicht ist. Ich versichere dir, ich hätte auch besseres zu tun. Mein Abendessen erlegen zum Beispiel. Oder einen Baum anstarren, während ich darüber meditiere wie sich ein Tier in Luft auflösen kann. So ziemlich alles wäre besser."
Nirah beobachtete wie der Mann weniger unbeholfen aufstand als sie erwartet hätte. Sie hatte zuvor schon gesehen, dass er kräftig gebaut war und vermutlich größer sein musste als sie. Erst als er vor ihr stand, wurde ihr klar, dass er sie deutlich überragte, um mehr als einen Kopf. Er sah aus, als könnte er es mit den besten Stammeskriegern aufnehmen. Nirah fühlte sich winzig und schmal. Für eine Sekunde empfand sie Dankbarkeit für sich selbst, dass sie doch keinen Pfeil auf ihn gefeuert hatte. Sie hatte noch nie sonderliche Geduld für das das Kampftraining aufbringen können. So wäre ein Kampf eins gegen eins mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit zu ihrem Nachteil ausgegangen.
Dann erst rief sie sich wieder ins Gedächtnis, dass er ja blind war und auf keinen Fall richtig kämpfen könnte. Das Problem war, ihre Intuition sagte etwas anderes. Wenn er nicht in der Lage war zu kämpfen, wieso trug er dann eine Waffe und sah so aus...Nun, wie ein Krieger. In ungewöhnlichen Farben. Mit...war das Schmuck, das das so glänzte?
Nirah verdrängte die unnützen Gedanken und konzentrierte sich auf das Wichtigste. Seine Wunden versorgen und dann schleunigst abhauen. Bisher hatte sie noch keinen klaren Blick darauf erhaschen können, daher wusste sie noch nicht womit sie es zu tun bekommen würde.
"Können wir bitte nicht so tun, als würde ich dir meine Hilfe aufzwängen. Ich kann immernoch gehen, wenn dir das lieber wäre." Die Bitten einer Dame. Es würde Nirah nicht wundern, wenn der Kerl sich allen Ernstes für umwerfend charmant hielt. "Zu deiner Information, ich werde weiterhin alles treten, was mir beliebt. Ich wüsste da noch ein paar Dinge außer deiner Waffe." drohte sie leise. Wenn sie schon einmal bei der Waffe waren...
Nirah sah sich mehrmals argwönisch um. Der Wald regte sich. Nirah lief zu dem Gebüsch wo die Hellebarde gelandet war. Sie hob sie auf und behielt sie in der Hand, mit der Spitze zum Himmel gerichtet. Das Ding war wirklich schwer, wie sollte das ein Mensch schwingen?
Sie überhörte geflissentlich jegliche Anschuldigung, ihren Unwillen Fragen zu beantworten, betreffend. Auch wenn sie sich irgendwo in ihrem Hinterkopf noch fragte, wieso der Mann davon ausging, dass seine Augen besser werden würden. Solch ein Schaden war ohne Eingriff permanent.
"Ohje. Es gibt zwei von dir?" seufzte sie dramatisch. "Dein Partner ist nicht zufällig ein Hirngespinst? Denn du bist eindeutig von da oben heruntergefallen. Es wäre mir neu, dass unsichtbare fliegende Waffenbrüder existieren." tat sie seine Antwort ab. Sie war sich ganz sicher, dass dies wieder nur eine Aussage war, die darauf abzielte sie zu verwirren. Hier war weit und breit kein anderer Mensch außer ihnen beiden. Andere Wesen jedoch...
"Wir sollten zur Lichtung gehen. Es ist nicht weit. Wir sind schon zu lange im Wald herum gestanden. Und wir waren auch nicht gerade leise. Ich bin noch verborgen, aber du...Riskieren wir es lieber nicht." meinte sie besorgt. Nirah wusste nicht mit Sicherheit, was sich so weit abseits alles hier herum trieb. Die meisten Monster bevorzugten jedoch die kühle Dunkelheit des Waldes anstelle direkten Lichteinfalls. Das letzte das sie brauchen konnte war ein Überraschungsangriff, während sie einen Blinden an sich kleben hatte.
Mit der freien Hand drehte sie den Fremden in die Richtung, die sie aus dem Wald hinaus führen würde. "Da lang." gab sie an. Erst jetzt bemerkte Nirah die andere Waffe die immer noch an seiner Seite verblieben war. Ein Schwert. Unwillkürlich erstarrte sie in ihren Bewegungen. Wie hatte sie das übersehen können?
Bisher hatte er sie nicht angegriffen. Das war ein gutes Zeichen. Ein kalter Schauer der Warnung lief über Nirahs Rücken. Sie fluchte leise und löste sich aus ihrer Erstarrung. "Wir müssen hier weg. Beweg dich." drängte sie. Sollte er das Schwert behalten. Wenn sie sich nicht beeilten, würde er es noch brauchen.
Sie huschte ein paar Schritte voran. Ihr Ziel war die Quelle an der sie sich vorhin erfrischt hatte. Dort würde sie zur Not auch die Wunden säubern können, nachdem sie sich diese angesehen hatte. Er könnte sich auf den Stein setzen. In der Sonne könnte sie auch besser seine Verletzungen inspizieren als hier im grünen Dämmerlicht.
"Folge mir. Einfach geradeaus. So schnell wie es geht, bitte." sagte sie nach hinten.
Der Waldrand war nah. Nirah konnte die Lichtung von hier aus gut sehen. Ein paar Meter musste er Fremde schaffen, dann wären sie in relativer Sicherheit. Wobei das in der Wildnis nie eine genaue Wissenschaft war.
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Re: The Headwinds - Handlung
von Zladune am 11.08.2022 15:35Fast schon tat es Notos etwas leid, dass er die junge Frau so gereizt hatte. Fast. Allerdings würde er lügen, wenn er behaupten würde, dass er es nicht genoss, den kleinen Hitzkopf ein wenig zu necken. Wenngleich dies nicht sein einziger Hintergedanken dabei gewesen war. Sollte sie sich doch in Fahrt reden.
Der Drachenritter lächelte nur sein scheinbar immerwährendes, ruhiges Lächeln, während nach und nach immer mehr Worte, leere Drohungen und sogar leichter Spott auf ihn einprasselten. Einzig als die Fremde einen Teich erwähnte – wo auch immer sich dieser befinden mochte – aus dem sie ihn laut ihren Behauptungen treffen konnte, zuckten seine Mundwinkel belustigt nach oben. Wenngleich kaum wahrnehmbar, genauso wie die nachdenkliche Miene, die ihn kurz überfiel, als sie ihm ihre Gesetze erklärte. Mit einer Aussage trafs sie jedoch ins Schwarze. Er mochte blind sein, aber das gewährte ihm zeitgleich auch Sicht auf Dinge, die anderen verborgen blieben. Und sie war unruhig, daran gab keinen Zweifel. Ob dies ursprünglich nun der Furcht der Unwissenheit oder der aufkeimenden Wut entsprang, war für ihn nebensächlich. Obwohl, letzteres spielte ihm dann eigentlich tatsächlich ganz gut in die Karten.
Notos stichelte noch ein letztes Mal – und brachte damit das Fass bei ihr scheinbar endlich zum Überlaufen. Der Drachenritter hatte bei der darauffolgenden Tirade Mühe, seine Miene zu wahren und nicht offensichtlich die Augen zu verdrehen. Ah, sie war eingeschnappt. Hatte ja gar nicht so lange gedauert, wie erwartet. Wenn sie jetzt auch noch zumindest teilweise wie Aryll tickte uuuund weg war sie. Der Weißhaarige unterdrückte diesmal ein Aufseufzen, als die junge Frau eine 180 Grad Drehung vollführte und davon zu stapfen schien. In gewisser Weise war er erleichtert. Wenn Aryll sich gekränkt fühlte und so aufführte, war sie immer für Stunden verschwunden und hatte ihn unter keinen Umständen sehen und sprechen wollen – was in diesem Fall gleichbedeutend damit war, dass er die Fremde nie wieder sehen würde. Gut. Er hatte sowieso von ihr ein paar wichtige Informationen bekommen.
Als sich seine ehemalige Gesprächspartnerin von ihm abwandte, sah der Weißhaarige ihr ernst nach. Ein Schatten der Sorge huschte über seine Züge. Also, um es zusammenzufassen: Er war in einem Gebiet, in welchem man die Montur des indigoblauen Auges nicht sonderlich wertschätzte, falls man sie überhaupt erkannte. Die Heiler hier folgten nicht den Gesetzen des Ordens des grünen Herzens, die Dörfer und Ansiedlungen schienen vereinzelt und weit verstreut. Und die Wildnis herrschte über diese Wälder und Landschaften, wenn dem Anschein nach gefährliche Tiere und Monster darin hausten… Wo genau war er gelandet? Dazu dieses intuitive Bauchgefühl von ihm, welches ihm schon vorher verriet, dass hier etwas nicht stimmte. Es war … verwirrend. Er mochte dieses Gefühl nicht sonderlich und doch… es entfachte einen Funken der Neugier in ihm.
Den ausgerechnet sie noch verstärkte. Notos hatte es nur seiner hohen Sensibilität zu verdanken, dass er die plötzliche Veränderung überhaupt bemerkte. Es geschah, noch bevor die Fremde den ersten Satz ausgesprochen hatte. Der grüne Schimmer an ihren Fingerkuppen glomm auf, breitete sich aus. Beinahe wie gebannt beobachtete der Drachenritter, wie sich das schwache Leuchten wie Ranken um die Hand winkelte, über den Unterarm bis zu den Schultern. Durch den hellen, feurigen Stich ihrer Aura flackerte an manchen Stellen dunkles, sattes Grün durch. Grün wie die Farbe der Wälder. Diese Aura… nein, ihre Aura…
Ich kann dich nicht einfach sterben lassen.
Notos brauchte einen Moment, bevor er realisierte, dass die junge Frau inzwischen direkt vor ihm stand und auf ihn einzusprechen begann. Immer noch perplex blinzelte er ein paar Mal verdattert – und auf einmal war ein leises, heiteres Lachen zu hören. Augenblick hob der Weißhaarige dabei verteidigend die Hände in die Höhe. Nicht, dass die Fremde ihn missverstand und diesmal wirklich gekränkt die Lichtung verließ. „Verzeih, verzeih, es ist nur…“. So freudig wie arglos strahlte er die junge Frau an: „Du bist sehr kurios. Ich mag dich.“
Und zum ersten Mal seit ihrer Konversation, nein, zum ersten Mal seit er hier angekommen war, machte sich Notos daran, seine sitzende Position zu verlassen. „Nun, ich fürchte zwar, dass du mir auf die Schnelle nicht viel weiterhelfen kannst.“, verkündete er, während er langsam aufstand und sich zu seiner vollen Größe aufrichtete, „aber ich kann die Bitten einer Dame wohl schlecht ignorieren. Warum also nicht, lass es uns versuchen. Solange du versprichst, nicht wieder meine Sachen zu treten.“ Mit einem verschmitzten Grinsen sah er sie an und nickte in Richtung der Gebüsche, in denen sich wohl nun seine Hellebarde befand. Dank des Kristalles, welcher in ihr verborgen war, konnte er diese trotz seiner Blindheit gut lokalisieren. Und wo er gerade beim Thema war… „Und bezüglich meiner Augen musst du dir keine Gedanken machen. Es gibt niemanden, der mir damit helfen kann. Aber morgen wird es vermutlich sowieso wieder besser werden.“
Viel Hoffnungen legte er auf eine Behandlung von der Heilerin nicht wirklich. Nicht, dass er ihre Künste anzweifeln wollte, aber das Nötigste war getan. Nur das Ziehen an der Seite verkündete, dass ihm dort eine vollständige Heilung trotz all der Stunden nicht ganz gelungen war. Entzündungen und Fieberkrämpfe fürchtete er nicht – aber eine Wunde geschaffen von einem mit Magie durchsetzten Speer barg andere Gefahren… Nun, solange er keine Manöver und Angriffe wie vorhin wagte, würde es schon in Ordnung gehen. Und er war ja nicht alleine.
Was die anderen Anforderungen der jungen Frau angingen… „Dafür, dass du selber keine beantwortest, stellst du recht viele Fragen.“, gab er neckend von sich und schüttelte gutmütig den Kopf. Wächterin war sie also. Sie stammte aber sicherlich nicht von der Krone der Welt – er kannte die meisten Priester dort etwas zu gut für seinen Geschmack. Obwohl es ihr Misstrauen ihm gegenüber erklären würde.
„Aber warum hätte ich auf einen Baum klettern sollen?“ Notos legte den Kopf schief, Unverständnis lag in seiner Stimme. „Das wäre töricht. Erst recht in meinem Zustand.“ Dass die Heilerin die Schneise der Zerstörung im Kopf hatte, kam ihm erst in den Sinn, als er mit dem Fuß gegen einen der Äste stieß, die von ihrer Notfalllandung übrig geblieben war. Stimmt, eine Sache gab es noch, die er zu klären hatte… „Falls du aber das Chaos hinter mir meinst…“ Wieder lächelte er, diesmal jedoch verhaltener: „Das war wohl mein Partner. Sagen wir, ich hatte nicht die ruhigste Herreise. Oder Ankunft.“
Re: The Headwinds - Handlung
von Saphyr am 09.08.2022 21:38Nirah
Sicher war sicher. Jetzt da die Waffen außer Reichweite waren, lief sie wenigstens nicht Gefahr, dass der Kerl sie unerwartet damit angriff. Obwohl es ihr immernoch schleierhaft war, wieso ein Blinder solche Kunstwerke an Waffen mit sich führte. Nirah hörte ganz klar das tiefe Seufzen des Fremden. Sie konnte nicht anders. Ein überlegenes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Der Mann hatte erstaunlich viel Ausdruck in seinem eigenen Gesicht. Er sah irgendwie vorwurfsvoll aus...? Was dachte er sich denn bitteschön? Wer seine Waffen so herum liegen ließ, musste damit rechnen, dass sie ihm entwendet wurden. Gerade wenn man einfach tatenlos im Wald herum saß, um sich von anderen beobachten zu lassen. Und diesen jemand zu erschrecken. Seine enervierende Art und Tatenlosigkeit erzeugten in Nirah den Verdachte, dass er das mit voller Absicht getan hatte. Handwerkskunst hin oder her, auf eine gewisse Art war es sehr befriedigend gewesen, den Riesendingern in ihrem Anflug von Panik einen Tritt zu verpassen. Auch wenn sie sich ein wenig mit dem Gewicht und der schieren Größe verschätzt hatte und die Hellebarde mehr schlecht als recht geflogen war. Es war dennoch weit genug weg.
Als Nirah so auf ihn zielte hörte sie ein leises Lachen. Was war das für ihn, ein Spiel? Damit gab es keinen Zweifel mehr. Er hatte sie ganz bewusst näher kommen lassen um sie dann aus dem Nichts heraus anzusprechen. Heute war wirklich nicht ihr Tag. Erst der schlechte Start in den Morgen, dann das verscheuchte Wild, ein Wolf der sich in Luft auflöste... Und jetzt ein mysteriöser Mann, der es lustig fand beliebigen Reisenden auf dem Geist zu gehen.
"Ganz recht. Ich würde dich auch dann treffen, wenn du dort hinten im Teich sitzen würdest. Das wäre in etwa genauso würdevoll wie dieser Unsinn hier." zischte sie. Das war vielleicht etwas übertrieben, denn der Teich war wirklich sehr weit entfernt. Das würde der Kerl aber ohnehin nicht wissen.
Jetzt war es an Nirah zu lachen. Er hielt sich wohl für ganz schlau. Sie wusste nicht, was das für ein Trick war. Wie konnte er lesen, dass sie sich mit den Heilkünsten beschäftigte? Aber er hatte keine Ahnung davon, was sie war und welche Gesetze für sie galten.
"Eine herrliche Fehlannahme. Keine der mir bekannten Regeln schützt einen Außenseiter vor seinem Tod. Und du bist ganz eindeutig nicht von hier." gab sie zurück. Die Frage war nur, woher kam er dann? Wenn man weiter in die Richtung laufen würde, käme man in einer grenzenlosen Einöde an. Dort lebten keine Menschen. Zugegeben, Nirah hatte keine Ahnung was außerhalb der Grenzen Prelemors lag. Sie waren viel zu weitläufig. Irgendwann, so hatte sie gehört begrüßte einen das Meer auf jeder Seite. Doch selbst wenn er von irgendeinem entlegenen Winkel am Rande des Reiches oder einem Dorf von dem sie noch nie gehört hatte kam, er war gerade so weit davon entfernt, dass es Wochen dauern würde zu Fuß dorthin zu gelangen.
"Ich würde dennoch ganz klar auf Selbstverteidigung plädieren." fügte Nirah schließlich murmelnd an. Sie sagte es weniger zu ihm, mehr zu sich selbst. Er hatte ihr vielleicht nicht gedroht oder zu den Waffen gegriffen. Sei selbstgefälliger Ausdruck erweckte in ihr jedoch den starken Drang ihm ins Gesicht zu schlagen. Bei der heiligen Mutter, sie war nicht hergekommen um sich von Fremden in den Wahnsinn treiben zu lassen.
"Ganz so blind bist du definitiv nicht." stellte sie fest. "Doch sehen kannst auch du nicht, denn du verwechselst Furcht mit Ärger." sagte sie kühl. In Wahrheit war sie unruhig. Hier saß ein Rätsel auf zwei Beinen vor ihr und verwirrte sie zutiefst mit seiner unerschütterlichen Ruhe. Sie versuchte es zwar, aber es gab nichts was sie dem in den Weg stellen konnte. Und er hatte immernoch nicht genug, zog sie weiter auf. Er brachte sie in einen Zustand zwischen wütend und hilflos.
Den Ausblick genießen. Ja sicher, das war es was Blinde in ihrer freien Zeit zu tun pflegten. "Halte mich nicht zum Narren." kommentierte sie scharf.
In diesem Moment traf Nirah die Entscheidung, dass sie sich das nicht antun musste. Dann war er eben verletzt. Es konnte nicht so schwerwiegend sein. Vielleicht war er von außerhalb der Grenzen. Und wenn schon. So leicht würde er den Weg nicht zurück finden. Vorher würden die Wölfe ihn fressen. Es waren immer die schwachen Tiere, die sie als erstes angriffen. Blindheit gehörte nicht unbedingt zu den besten Überlebensvoraussetzungen.
Nirah konnte sich einer bleibenden Neugierde nicht erwehren, doch sie überwiegte nicht ihren Frust. Das leise nagende Pflichtgefühl, das ihr sagte, sie solle wenigstens nach seinen Wunden sehen, verdrängte sie mit Nachdruck.
Er wollte ein Spiel spielen? Das konnte sie auch. Sie ließ den Bogen schließlich sinken und befestigte ihn an ihrem Rücken. Es war Zeit für den Rückweg. Der Mann war keine Gefahr für ihren Körper, nur für ihre Nerven.
"Dann wünsche ich dir viel Erfolg dabei, das nächste Dorf vor Sonnenuntergang zu finden." Nirah ignorierte gekonnt die Frage nach ihrem Namen. "Hier ist nämlich weit genug davon weg, dass du mit hoher Wahrscheinlichkeit auf dem Weg Tieren oder Monstern zum Opfer fällst. Falls sich deine Wunden nicht entzünden und du aufgrund eines Fieberkrampfes stirbst. Solltest du es doch schaffen, jemand anderen außer mich zu treffen, bin ich mir recht sicher, dass du ganz ausversehen hingerichtet wirst. Wegen deiner Kleidung und deiner unverschämten Art. Ich würde sagen, das sind wunderbare Aussichten." gab sie schnaubend von sich.
Damit drehte sie sich weg und stapfte davon. Nur um einige Schritte später auf der Stelle anzuhalten und sich langsam zurück zu drehen. "Bei der heiligen Mutter." stöhnte sie laut zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Möge mich ihre immerwährende Weisheit davor behüten, jemals wieder einen Fremden im Wald anzusprechen. Aber...ich kann dich nicht einfach sterben lassen."
Nirah kam widerwillig zurück gelaufen bis sie direkt vor dem Fremden stand. Sie ließ einen schnellen Blick über den blutigen Fleck in der Bauchgegend streifen. "Es scheint nicht mehr zu bluten." stellte sie fest. "Ich kann mich um deine Wunden kümmern, wenn du Hilfe benötigst. Für deine Augen kann ich nichts versprechen, aber ein Versuch ist es wert. Im Gegenzug erklärst du mir, wieso ein Blinder auf einen Baum klettert...und wie. Ich bin nicht Wächterin geworden um dahergelaufene Männer vor ihrer eigenen Dummheit zu retten. Wie bist du überhaupt hierher gekommen, wenn du keine Ahnung hast wo du hingehst?" Verdammtes Pflichtgefühl, schimpfte Nirah derweil innerlich. Sie war tief in sich eine Heilerin durch und durch, das hatte der Kerl leider ganz richtig erkannt.
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Re: The Headwinds - Handlung
von Zladune am 09.08.2022 18:12Notos gab ein tiefes, kapitulierendes Seufzen von sich, als die Fremde seine Waffe außerhalb seiner Reichweite bringen wollte, griff jedoch nicht ein. Ja, gab dazu sogar nicht mal einen Kommentar ab, wenngleich der Ausdruck auf seinem Gesicht wohl Bände sprach: War das wirklich nötig gewesen? Eine Braue aufgrund dieser für ihn sinnlosen Aktion angehoben, folgten seine blinden Augen weiterhin den scharfen Aurakonturen der Fremden. Sie hatte wieder ihren Bogen auf ihn gerichtet.... Er mochte Fernwaffen nicht. Ganz zu schweigen von Waffen, die weder Kristalle noch andere Fragmente des Drachenherzes eingebaut hatten - falls das ein neuer Trend war, würde er diesen melden müssen. Auf jeden Fall war es so nicht ganz einfach für ihn vorauszusagen, wann sie einen Pfeil abfeuern würde. Er würde auf seine Intuition vertrauen müssen.
Der Drachenritter wartete geduldig, bis sein Gegenüber wieder das Wort ergriff. Oder ihn anmeckerte, das traf es wohl eher. Bei ihrer Art der Anschuldigung konnte er es sich das leise Lachen dann doch nicht verkneifen. Als wäre ihm vorhin mit seiner Aktion ein guter Scherz gelungen. Ach was, jetzt war es also plötzlich seine Schuld, dass er sich hatte anstarren lassen? Doch abgesehen von einem belustigten Lächeln gab er ihr darauf keine Antwort. Er musste sich dafür nicht rechtfertigen. Was ihn hingegen ganz genau aufhorchen ließ, war nicht ihr Motzen oder ihre Drohungen. Nein, es war ein ganz kleines, unscheinbares Wort: Stämme. Niemand, aber absolut niemand in Arcadia würde sein Dorf oder seine Ansiedlung als Stamm bezeichnen. Es war veraltet, in gewissen Kreisen gar als barbarisch betrachtet. Heutzutage würde es höchstens in Geschichtsbüchern Gebrauch finden, die von den alten Zeiten der Zusammenfindung Arcadias sprachen. Dass die Fremde es also so natürlich aussprach...
Er hob den Kopf wieder an. „Ausnahmen wären natürlich die Selbstverteidigung oder wenn man jemanden von seinem Leid erlösen wollte. Im Gegensatz zu dir habe ich jedoch nie zu Drohungen gegriffen und ich mag zwar blind sein, aber – " er schmunzelte, „ – ich denke nicht, dass ich deswegen erlöst werden müsste." Aber was für ein Zufall es doch war. Ausgerechnet, wenn er verletzt wurde, stolperte ihm eine Heilerin über den Weg. Die Wege der Götter waren unergründlich.
„Aber..." Er schmunzelte, „vielleicht bin ich gewillt, mehr zu sagen, wenn ich wüsste, mit wem ich die Ehre habe. Und wo genau hier ist. Orientierung ist nicht mein größter Freund." In einer spielerischen Geste wedelte Notos demonstrierend vor seinen Augen.
Re: The Headwinds - Handlung
von Saphyr am 08.08.2022 21:38Nirah
Sie musste nicht lange suchen, bis sie fand wonach sie Ausschau hielt. Ihre Intuition zog sie automatisch in die richtige Richtung. Inmitten von einigen spärlich stehenden Bäumen saß tatsächlich ein Mensch auf dem Boden. Genauer gesagt, war es ein Mann wie sie im näher kommen bemerkte.
Sie blieb in einiger Entfernung stehen und zielte mit einem Pfeil auf seinen Kopf. Er rührte sich nicht. Tot konnte er nicht sein, sonst hätte sie ihn nicht wahrgenommen. Außerdem saß er aufrecht. Sie ließ den Bogen sinken und schlich näher. Zielte wieder. Keine Reaktion. Sie stellte fest, dass er die Augen geschlossen hatte. Schlief er im Sitzen?
Irgendetwas war seltsam an diesem Kerl. Davon abgesehen, dass er seelenruhig mitten im äußeren Gebiet saß und aus unerfindlichen Gründen nicht auf seine Umwelt achtete. Hier gibt es wilde Tiere, hätte sie ihm am liebsten belehrend zugerufen. Stattdessen näherte sie sich ihm immer weiter.
Seine Haare waren unnatürlich hell. Um ihn herum lagen abgebrochene Äste. Als Nirah nach oben sah, konnte sie eine eindeutige Schneise im Astwerk des Baumes über ihm erkennen. War er auf einen Baum geklettert und abgerutscht? Idiot. Was hatte er denn damit bezwecken wollen? Erst jetzt erkannte sie blutige Spuren auf seiner Kleidung. Hatte sich wohl beim Fall einen Ast in den Bauch gerammt. Dafür, dass das ganz schön weh tun musste hob sich sein Brustkorb jedoch viel zu gleichmäßig im Rhythmus seines ruhigen Atems. Das war es noch längst nicht mit den Ungewöhnlichkeiten.
Seine Kleidung...Das war keine die in den Stämmen getragen wurden. Der Stoff sah robust aus und ganz anders als der den sie von Zuhause kannte. Da kannte sie eine Menge, immerhin war ihre Mutter Weberin. Blau war gänzlich ungeeignet um sich im Wald zu verstecken und...
Da lagen Waffen. Nirah war beinahe zu dem Schluss gekommen, dass sich jemand aus Westhafen bis ganz nach hier draußen verirrt haben musste. Das würde seine fehlende Fähigkeit zu Wahrnehmung von irgendetwas außer ihm selbst und seine augenscheinliche Inkompetenz in Sachen Überleben erklären. Aber diese Waffen...
Sie wirkten nicht als dienten sie nur der Schau. Außerdem war der Kerl kräftig genug um sie zu schwingen. Davon abgesehen sahen sie kein bisschen so aus, wie sie es gewohnt war. Ihr eigener prächtiger Dolch wirkte dagegen wie das Produkt eines neugeborenen Kindes ohne Arme und Beine. Kurz gesagt: grauenhaft.
Inzwischen war Nirah sehr nahe an den Fremden herangekommen. Sie spielte mit dem Gedanken ihm zum Spaß einen Pfeil in die Hand zu jagen oder ihn einfach zur Seite umzukippen. Damit er endlich reagierte! Doch sie kam nicht umhin ihn weiter neugierig zu betrachten. Nichts an seinem Erscheinungsbild gab einen Sinn. Vielleicht war er auch eine überirdische Erscheinung, die sie in den Wahnsinn treiben...
Nirah gab ein lautes Geräusch zwischen Quieken und Aufschrei von sich. Woran es genau lag, konnte sie im Nachhinein nicht mehr sagen. Vielleicht daran, dass der Mann sich plötzlich doch bewegte und seinen Blick direkt auf ihre Gesicht fallen ließ. Vielleicht weil er ganz offensichtlich blind war, denn kein gesundes Auge war gänzlich weiß. Vielleicht weil er mit ihr sprach und ihr bewusst wurde, dass sie sich völlig getäuscht hatte.
Er wusste die ganze Zeit schon, dass sie da war. Wie auch immer er erkannte, dass sie ihn beobachtet hatte. Instinktiv machte sie einen Satz nach vorne und kickte die Waffen nacheinander in das nächste Gebüsch. Dann umkreiste sie ihn mit genügend Abstand und zielte sie wieder auf seine leblosen Augen.
"Es ist ein wenig unhöflich sich anstarren zu lassen und so zu tun als schliefe man." blaffte sie mit immernoch pochendem Herzen, nachdem sie es geschafft hatte wieder Luft zu holen.
"Du gehörst nicht zu den Stämmen und hast hier eindeutig nichts verloren. Wenn sich hier einer vorstellen muss, dann bist du das. Ich würde mir Mühe geben. Ich bin gar nicht abgeneigt meine Waffe auch zu nutzen. Und als kleine Warnung: Ich verfehle nicht."
Starr fixierte Nirah ihn, auf jede Bewegung gefasst. Wobei sie ihm zugegebenermaßen nicht sehr viel zutraute aufgrund seiner Blindheit.
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