Sozialer Bereich: Bleiben oder gehen?
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Sozialer Bereich: Bleiben oder gehen?
von Ren. am 26.09.2025 08:59Hallo zusammen da draußen,
ich ringe gerade ziemlich mit mir und wollte einfach mal hören, ob es hier Menschen gibt, die ähnliche Gedanken oder Erfahrungen haben. Ich hoffe, dass mein Foreneintrag an der richtigen Stelle ist. Ich hatte einfach das Gefühl, dass es ein wenig zu umfangreich für eine Statusmeldung ist (habe aber vorher noch nie ins Forum geschrieben, also hoffe ich, dass das alles so passt, wenn nicht, schieben wir es einfach woanders hin xD).
Ich arbeite seit Jahren im sozialen Bereich – eigentlich mein Leben lang, wenn man es so nennen will, denn etwas anderes habe ich nie gelernt oder gemacht. Erst mehrere Jahre in einer Kita/Krippe und seit 3 Jahren in einer Schulkindbetreuung mit ca. 93 Kindern in meinem Jahrgang (aufgeteilt auf 4 Erwachsene). Der Beruf war für mich immer mehr als nur Arbeit, sondern auch Berufung. Aber die aktuellen Rahmenbedingungen haben sich für mich so zugespitzt, dass ich schweren Herzens an einem Punkt bin, an dem ich ernsthaft darüber nachdenke, komplett auszusteigen.
Das fühlt sich ehrlich gesagt ziemlich beängstigend an. Einerseits merke ich, wie sehr mich die Belastungen und Strukturen im Alltag auffressen. Andererseits frage ich mich: Was bleibt mir eigentlich, wenn ich gehe? Ich habe nichts anderes gelernt, nichts anderes bisher ausprobiert – und trotzdem halte ich die Situation gerade kaum noch aus.
Deshalb meine Frage: Wie geht es euch damit?
- Hat jemand von euch den Schritt raus aus dem sozialen Bereich schon gewagt – und wenn ja, wohin ging der Weg?
- Oder habt ihr es geschafft, euch innerhalb des Feldes neu zu orientieren, vielleicht durch Weiterbildung, ein anderes Arbeitsumfeld oder eine Spezialisierung?
- Wie habt ihr damals diese Unsicherheit und die Angst vor dem Neuanfang erlebt?
Sehr, sehr gerne könnt ihr auch einfach mal erzählen, was ihr generell so beruflich macht, wenn ihr möchtet. Ich bin ein kreativer und offener Mensch, aber gleichzeitig fühle ich mich schnell eingeschüchtert von der Fülle der Möglichkeiten da draußen – man weiß ja oft gar nicht so genau, wie Berufsbilder in der Praxis tatsächlich aussehen. Vielleicht hilft es ja, mal ein bisschen über den eigenen Tellerrand zu schauen.
Ich fände es sehr, sehr cool, wenn wir uns hier ein bisschen austauschen könnten. Vielleicht kann man voneinander lernen oder sich wenigstens verstanden fühlen.
Danke schon mal an alle, die ihre Erfahrungen teilen.
Eure Ren. <3

Re: Sozialer Bereich: Bleiben oder gehen?
von antares am 26.09.2025 09:37Hey Ren,
ich selbst arbeite zwar nicht im sozialen Bereich, aber ich arbeite im medizinischen Bereich. Bzw. ich arbeite jetzt ab Oktober in der Forschung, da hab ich dann nicht wirklich viel mit vielen Menschen zu tun, aber ich weiß dennoch von vorher, wie es im medizinischen Bereich (Krankenhaus etc.) abläuft und da kann es sich schnell ähnlich anfühlen, wie das was du beschreibst.
Da ich mich selbst nicht in ähnlicher Situation befinde, gehe ich gar nicht so sehr auf meine Erfahrungen ein etc. aber ich habe dennoch ein paar Gedanken dazu:
Wenn du wirklich der Meinung bist, dass es dich nicht mehr erfüllt und du dich eher kaputtmachst für etwas, was dir selten bis nie ein angenehmes Gefühl zurück gibt, dann finde ich ist es eigentlich immer an der Zeit etwas zu ändern. Da kommt es natürlich in erster Linie darauf an, ob du Rücklagen hast oder für eine gewisse Zeit etwas anderes machen könntest, um genügend Geld zu haben, eine Zeit zu überbrücken, in der du dich nach etwas anderem (was dich erfüllt) umschaust oder ggf. eine Weiterbildung / Umschulung / Ausbildung etc machst.
Ich bin starker Verfechter davon, "neu" anzufangen, wenn man nicht mehr glücklich ist. Nichts ist meiner Meinung nach schlimmer, als sich wo rein zu pressen, wo man nur dran zugrunde geht. Und da du noch jung bist (laut Profil ) ist das denke ich auch kein Problem! Das größte "Problem" wäre einfach, die Lebenskosten erstmal weiter zu decken. Ich habe mit 30 noch eine neue Ausbildung nach dem Studium angefangen, weil ich in einen anderen Bereich wollte und bereue das absolut nicht. Dazu muss ich sagen, dass ich extra eine bezahlte Ausbildung gesucht habe - das könnte natürlich dann auch wichtig sein. Wie gesagt, Finanzielles muss geklärt sein. Aber sollte das geklärt sein, finde ich gibt es überhaupt keinen Grund nicht etwas neues auszuprobieren!
Deswegen.. du könntest nochmal in dich reinhören, vllt auch mal brainstormen was dich sonst so interessiert und für was du vllt eine neue Leidenschaft entwickeln könntest und dich dann da mal informieren etc.
Ich hoffe auf jeden Fall, du findest etwas, was dir wieder mehr Lebensfreude bringt! :)
Re: Sozialer Bereich: Bleiben oder gehen?
von caliginous am 26.09.2025 15:44Hallöchen,
Ich arbeite selbst im sozialen Bereich (Erzieherin im Kindergarten) und bin allerdings derzeit in Elternzeit. Ich kann absolut verstehen, was du damit meinst wenn du sagst, dass es einfach nur belastend ist. Ich liebe meinen Job und es ist wahnsinnig schön, was einem die Kindern zurückgeben. Nichtsdestotrotz, ist es aber auch ein sehr anstrengender Beruf, der die volle Aufmerksamkeit fordert und regelmäßig, zumindest meine, soziale Batterie einfach leergezogen hat.Ich freue mich natürlich trotzdem wieder darauf, nach meiner Elternzeit einsteigen zu können, muss aber auch zugeben, dass ich mich vor allem darauf freue, weil ich nur in Teilzeit arbeiten werde.
Was du dich erstens vielleicht nochmal hinterfragen kannst, ob es tatsächlich der Beruf oder das Berufsfeld an sich ist, dass in dir den Wunsch weckt, neu anzufangen. Oder ist es nur die aktuelle Einrichtung für die du arbeitest? Ich habe selbst vier Jahre lang in einer städtischen Einrichtung gearbeitet, in dem die Kinderzahl ständig gestiegen ist, unsere Gruppen nur unnötig vollgestopft wurden und das Personal (dank unserer toxischen Leitung) kam und wieder ging. Es waren Arbeitsbedingungen, die mir die Lust und Kraft für meinen Job genommen haben, sodass ich letztendlich gemerkt habe - ich muss da weg. Mir hat der wechseln in einen kleinen Gemeindekindergarten wahnsinnig gut getan und mir die Lust auf meinen Job zurückgegeben.
Zweitens sehe ich das ganz wie antares - für einen Neuanfang ist es nie zu spät :) Ja, auch deine finanziellen Auslagen müssen natürlich gegeben und geklärt werden, aber solltest du dich dafür entscheiden etwas Neues anzufangen, dann go for it! Ich kann dir als persönliches Beispiel meine Mama nennen, die jahrelang unzufrieden mit ihrem Job war, in den man sie damals eben gezwungen hatte. Mit 40 hat sie dann den Entschluss gefasst, noch einmal eine Ausbildung zu beginnen und ist jetzt absolut glücklich, dass sie es gewagt hat, obwohl sie damals auch unendlich viele Sorgen hatte. Trotzdem hat sie es durchgezogen und ja, vielleicht war es nicht immer einfach, aber der Weg ist das Ziel. Ich kann dir also nur ans Herz legen, was sich meine Mama nach ihrem Abschluss auf ihr Handgelenk hat tätowieren lassen - you can.
Angst ist normal und auch gut, aber es bringt dir nichts, wenn du völlig unglücklich bist und es sich auf dein Privatleben auswirkt. Letztendlich musst du das tun, was sich für dich richtig anfühlt, egal welchen Weg zu wählst :)
Ich hoffe, du kannst mit meiner Antwort etwas anfangen und vielleicht ein wenig Hilfe daraus ziehen. Solltest du noch weitere Fragen haben, kannst du dich auch gerne auch bei mir melden :)
i'm so far from the line
i'm too deep in my mind
Re: Sozialer Bereich: Bleiben oder gehen?
von Ren. am 27.09.2025 08:50Ein guten Morgen von mir und vielen Dank euch beiden für eure ausführlichen Antworten!
@antares: Deine Worte haben mich sehr berührt, vor allem dein Gedanke, dass es nie richtig ist, sich in etwas hineinzupressen, das einen langfristig kaputtmacht. Ich merke ja auch selbst, dass ich immer wieder an diesem Punkt lande – ich halte durch, bis es nicht mehr geht, und frage mich dann, wie lange das noch gesund sein kann. Dass du mit 30 nochmal neu angefangen hast und es nicht bereust, macht mir tatsächlich Mut. Ich denke, dieser Gedanke, dass man 'zu spät dran' sein könnte, sitzt bei mir unbewusst ziemlich tief, auch wenn ich mir immer wieder versuche einzureden, dass ich alle Zeit der Welt habe...
@caliginous: Auch deine Antwort hat mir echt viel gegeben. Vor allem die Frage, ob es wirklich der Beruf an sich ist oder nur die aktuelle Einrichtung. Ehrlich gesagt hadere ich damit schon länger, weil ich meine Arbeit an sich liebe – die Arbeit mit den Kindern, das Kreative, das Teilhaben an ihren Lebenswelten. Aber die Strukturen, die Rahmenbedingungen und die ständige Überforderung rauben mir irgendwann alles, was mir eigentlich Freude macht. Ich hatte einige Wochen zuvor noch in den Statusmeldungen davon erzählt, dass ich mich auf eine neue Stelle beworben habe, doch leider wurde daraus am Ende nichts, da ich das Risiko eines Zeitvertrages finanziell nicht eingehen konnte und ich aufgrund meiner mobilen Situation (leider habe ich im Moment kein Auto) ziemlich eingeschränkt bin. Auch innerlich merke ich da immer sehr schnell, dass meine Gedanken schon ganz schön pessimistisch sind und ich nicht wirklich die Hoffnung habe, dass es 'woanders besser wird'. Aber das Beispiel deiner Mama – wow, das ist richtig richtig stark! Ich merke ja jetzt schon, wie viel Überwindung es mich kostet, nur darüber nachzudenken. Darüber zu lesen, wie jemand diesen Schritt wagt, macht mir einfach gerade richtig Mut.
Insgesamt merke ich gerade, dass mir der Austausch hier total gut tut. Ich fühle mich oft so allein mit diesen Gedanken, weil viele um mich herum den Job entweder einfach 'weitermachen', egal wie schlecht es ihnen geht, oder gar nicht verstehen, warum man etwas ändern will (was sie ja auch nicht müssen, ich möchte das auf gar keinen Fall so hinstellen, dass sich alle so fühlen müssen wie ich xD). Unter meinen Kolleg:innen erlebe ich zwar viel Verständnis, dass es schlimm ist, doch ich glaube, viele fühlen sich selbst sehr gefangen in der Situation. Deswegen tut mir so ein 'neutraler' Austausch mit Leuten, mit denen ich nicht direkt zusammenarbeite, immer sehr gut. Meine Mutter selbst ist Erzieherin und macht den Beruf schon seit über 25 Jahren. Sie hat nur einmal in ihrem Leben die Einrichtung gewechselt und ansonsten einfach nie darüber gesprochen, ob es ihr manchmal vielleicht genauso geht.
Ein großes Danke also euch beiden nochmal, dass ihr so offen mit mir geteilt habt! Auch wenn die Entscheidung noch immer eine schwere ist, fühle ich mich jetzt schon sehr viel besser, als vorher <3

Re: Sozialer Bereich: Bleiben oder gehen?
von MrsChameleon am 27.09.2025 13:51Hallöchen ihr lieben!
Dieser Blog Eintrag kommt gerade wie gerufen. Ähnlich wie du Ren, struggle ich gerade sehr zwischen dem, was ich einst so geliebt habe und dem, was da noch kommen mag - und damit sind wir tatsächlich nicht die Einzigen. Immer mehr Stimmen werden lauter.. Leute, die ihren Job eigentlich geliebt haben und ihn mittlerweile nur noch als Belastung sehen und bei vielen Außenstehenden ploppt die Frage im Kopf auf: Warum, warum machst du das noch?
Ja, ja warum? Eine Frage, die ich mir auch schon oft genug gestellt habe und vor allem im Moment sehr stark mit mir kämpfe. Vielleicht ist es an der Zeit, einen Neuanfang zu wagen? Doch genau wie du dich fragst: wohin und was? Es ist schwer einen neue Richtung einzuschlagen, wenn eigentlich genau das der Beruf war und ist für den man lebt, dem man irgendwo tief in sich drinnen, ja irgendwo auch jetzt aus Herzen heraus macht. Ich kann es noch nicht einmal genau benennen was mich - und viele meiner Kolleg:innen derzeit so zermürbt. Vielleicht sind wir aber auch alle einfach müde. Müde von den Strukturen. Der zeitaufwändigen Dokumentationsarbeit. Machtkämpfe innerhalb des Teams. Dem Kompromiss mit Trägerstrukturen und der Ohnmacht, wenn Gegebenheiten aus nachvollziehbaren Gründen einfach nicht erfüllt werden können. Zeitintensive Kinder, der Elternarbeit und dem damit einhergehenden ständigen Seilakt zwischen Verständnis und Kopfschütteln - der eigenen Zurückhaltung, professionell zu bleiben, während man am liebsten auf den Tisch hauen würde.
Vielleicht bin ich auch einfach mit meiner Geduld am Ende, also vielleicht doch Zeit und Mut für etwas Neues? Erfüllenderes? Nicht ganz so einfach to be honest oder vielleicht ist es auch nur die Angst für etwas Neues in mir. Doch ich bin und war schon immer ein Overthinker und alle für mich interessanten Wege innerhalb dem Berufsfeld, dass ich doch so sehr liebe, haben Voraussetzungen, die sich über mehrere Jahre hinweg erstrecken. Klar sind wir noch „jung“ aber so jung nunmal auch nicht mehr, wenn man ein fixes Einkommen auf demselben Standard wie jetzt benötigt und noch dazu eine Kinderplanung anstrebt. Aber genug von mir und viel mehr zu dir und euch:
Ich finde die Fragestellung ist es nur die Einrichtung / Das Team unglaublich wichtig. Vielleicht besteht die Möglichkeit eine Hospitation in einer anderen Einrichtung zu machen? Mir hat es auf alle Fälle auch sehr geholfen, Einblicke in andere Häuser zu gewinnen. Wie läuft es da ab? Wie wirken die Teammitglieder dort auf mich? - Einfach um einen Vergleich zu bekommen und man selbst aus dem Strudel des eigenen „hier ist alle so mies“ im Haus heraus zu kommen. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, in einem Haus mit weniger Kindern zu arbeiten?
Auch die Auseinandersetzung mit: Ist es wirklich noch das, was ich möchte? Ich habe mir zahlreiche Stellenausschreibungen durchgelesen - auch in Quereinsteiger berufen, mit Freunden gequatscht, die in anderen Tätigkeitsfelder arbeiten und leider schnell gemerkt: No way. Da reizt mich ja mal gar nichts dran - aber hey! Vielleicht bin ich auch noch nicht auf das richtige Feld gestoßen.
Weiterbildungen und andere Tätigkeitsfelder. Der soziale Beruf ist zum Glück so weitreichend. Vielleicht lohnt es sich ja für dich auch in die Jugendhilfe, Schulassistenz, etc. hineinzuschnuppern? Ein Teilzeitstudium anzunehmen? Beratende Tätigkeiten auszuführen? Was ist es was dir gerade noch an deinem Beruf gefällt und was müsste sich ändern um es allumfassend erfüllend zu gestalten?
Die Möglichkeit, nur Teilzeit zu arbeiten. Einige meiner Kolleg:innen haben diese Möglichkeiten und berichten, dass sie dadurch eine bessere Work-Life- Balance hinbekommen. Aber ist eben auch nicht für jeden möglich und man sollte sich auch im Klaren sein, was es für Auswirkungen auf die Renteneinzahlung, etc. hat.
Abstand gewinnen und Aufgaben abgeben. - ich nehme mir leider auch vieles zu Herzen. Fühle mich sehr schnell für die Befindlichkeiten der anderen Zuständig und das, obwohl sie einfach nur ihren Frust loswerden möchten, der sie belastet - ohne, dass es vorrangig mit mir selbst und der Aufgabe etwas daran zu ändern zu tun hat. Auch eine Aufgabe mal gut sein zu lassen fällt mir schwer. Arbeit ist Arbeit. Privat ist Privat. Schwer, wenn man am liebsten an einem Tag die Welt verändern möchte.. ;> Weniger ist oft mehr. Knallt euch die Wochen nicht mit täglich wechselnden Projekten zu.
Manchmal braucht es vielleicht einfach ein offenes Ohr, das die Gegebenheiten und die Umstände versteht. Oft hilft es sich auch sehr, sich die Dinge von der Seele zu reden, auf Verständnis zu stoßen und sich nicht alleine zu fühlen. Natürlich ist dieser Belastungszustand allerdings auch keine Dauerlösung. Da braucht man dann vielleicht doch den kleinen Funken Mut zur Veränderung und den Kopf, der die Versagensängste auf die Seite drängt.
Fühl dich gedrückt, du bist nicht alleine! <3
- vladimir nabokov
Re: Sozialer Bereich: Bleiben oder gehen?
von Ren. am 28.09.2025 06:47Hallöcheeeen,
Vielen, vielen Dank für deine ausführliche und ehrliche Antwort! Beim Lesen hatte ich wirklich mehrmals das Gefühl, dass da jemand die Gedanken oder eher dieses (ich nenne es jetzt mal ganz frech) Scheiß-Gefühl ausspricht, das ich selbst nicht so klar benennen konnte. Vor allem die Müdigkeit, die du ansprichst, nicht unbedingt von der Arbeit mit den Kindern selbst, sondern eben von den schon benannten Strukturen, den Rahmenbedingungen, den ständigen Kämpfen und Kompromissen. Ich hab beinah wie ein Wackeldackel vor dem Bildschirm gesessen, weil du es so gut in Worte gefasst hast und ich nur nicken konnte.
Ich glaube, genau das macht es so schwer: Eigentlich liebe ich meine Arbeit und das, was sie im Kern bedeutet. Aber gleichzeitig raubt mir das Drumherum alles, was ich an Freude und Motivation noch habe. Dass du das auch so ähnlich empfindest, gibt mir einerseits das Gefühl, nicht allein damit zu sein, andererseits macht es mich auch traurig, weil es irgendwie zeigt, wie verbreitet diese Erschöpfung dann doch ist. Ich gerate innerlich dann immer schnell in einen ziemlichen Teufelskreis:
"Wenn du woanders hingehst, wird es da besser? Du hast erst vor 3 Jahren die Einrichtung gewechselt und eigentlich magst du dein jetziges Team echt gerne!"
"Aber 2026 kommt der Rechtsspruch, dann werden bestimmt alle Kinderzahlen nach oben gehen"
"Kita und Krippe kommt für dich nicht mehr in Frage"
"Überall ist Personalmangel" und plötzlich ist meine innere Gefühlswelt zu allem Übel auch noch total politisch aufgeladen, obwohl ich mich aufgrund meiner Erschöpfung eher davon fernhalten will – so gut wie man das eben kann, ohne sich komplett abzuschotten.
Doch trotzdem, vielleicht wäre ein Wechsel tatsächlich eine Möglichkeit, bevor ich alles hinschmeiße. Auch die Idee, mal in andere Felder hinein zu schnuppern, nehme ich mir auf jeden Fall mit. Ich fand' die Idee der Schulassistenz am Anfang ganz interessant und denke, dass ich mich da mal erkundigen werde. Darüber hinaus hab ich den Mut von diesem Gespräch mal genutzt und mich nach anderen Ausbildungen umgeschaut, "Fachangestellte oder Fachangestellter für Medien- und Informationsdienste" also in der Bibliothek hat mich da besonders interessiert. Ich glaube, das war sogar eine der Ausbildungen, die ich mir schon damals angeschaut habe, als ich "das erste" Mal mit dem Gedanken gespielt habe, den sozialen Beruf zu verlassen. Die fängt aber leider erst wieder nächstes Jahr im September an, also würde es heißen, ein ganzes Jahr überbrücken. Aber hey! Kleine Schritte sind auch Schritte!
Und ja, dieses Überdenken, diese Versagensängste und die Angst vor dem Neuen kenne ich auch nur zu gut. Ich meine, das war einer der Gründe, warum ich diesen Forenbeitrag erstellt habe haha. Gleichzeitig spüre ich, dass Stillstand mich unglücklicher macht als jeder mögliche Neuanfang, und das spüre ich auch immer mehr, je länger ich mich hier im Forum mit dem Thema aktiv auseinandersetze. Deine Worte "Arbeit ist Arbeit, Privat ist Privat" haben mich außerdem nochmal richtig wachgerüttelt – ich weiß das eigentlich, predige es auch immer allen anderen Kolleg:innen, und doch trage ich so vieles nach Hause, das eigentlich nicht meine Verantwortung wäre.
Danke dir wirklich sehr für deine Offenheit und dass du dir so viel Zeit genommen hast, deine Gedanken hier zu lassen.
Fühl dich ebenfalls gedrückt. Und allen einen wunderschönen Sonntag! <3

Re: Sozialer Bereich: Bleiben oder gehen?
von WhiteBlossom am 28.09.2025 20:02Hey ♥
Wenn ich sage, du bist nicht alleine - dann meine ich das so wirklich - zu keine Ahnung wie viel Prozent - super ernst. Denn das habe ich auch vor kurzem erst am eigenem Leib erfahren können - Und verdammt, es tut echt gut. Auch dieser Austausch hier finde ich toll und knüpfe mich einfach mal dazu ♥ Vielleicht hilft das jemanden (:
Zu mir:
2016 begann ich eine Ausbildung als Zahnarzthelferin - In dem Zeitraum wurde ich erst 18. Zuvor hatte ich einige Praktika, KiGa, Altenpflege, auch in Richtung Forschung. Also schon immer etwas mit Medizin. Natürlich interessierte mich auch sowas wie IT, Gaming und all dem, doch ich war leider mit 18 noch nicht geistlich so weit um zu verstehen, das es noch etwas anderes gibt, als das was gefühlt jeder auch so tat. Entweder studiert der eine Medizin, Lehramt, wird Polizist oder gar etwas handwerkliches. Aber irgendwie war ich damals schon in dieser Schiene, und dachte - Jo, durch die Ausbildung komme ich dem näher, auch mal Zahnmedizin zu studieren. Zumindest war das dann auch mein Gedanke. Einfach, weil damals ein Studium eine gefühlte Seltenheit war - Vorallem in meinem Bekanntenkreis. (Warum ich kein Abitur gemacht habe? Kein Plan)
Also fing ich die Ausbildung an - Erlebte meine wirklich weitreichenden Erfahrungen, sowohl mit Mensch als Patient, als auch mit Kollegen. Hatte in meiner Ausbildung einen Betriebswechsel, wodurch ich so gewisse Dinge zu hinterfragen begann, aber letztendlich trotzdem die Ausbildung durchzog (Auch wenn ich dachte, ich pass hier nicht rein). Mein Hintergedanke war noch immer, mal Zahnmedizin zu studieren. Aber ich hatte nicht den passenden Abschluss ("Nur" Mittlere Reife) und es gab eine Zahnärztin, die durch Weiterbildung eine Chance bekam, sich damit in einer Uni zu bewerben - Also war das auch mein Plan.
Ich - Die das früher anders geregelt hätte als jetzt, bekam dann aber noch vor meinem Weiterbildungsstart den Wunsch abgeschlagen, studieren zu wollen - Weil laut meinem Chef sei ich nicht gut genug dafür. Mir würde nur eine Weiterbildung reichen. Im Gegensatz zu meiner Kollegin, mit der ich die Ausbildung gemeinsam beendet habe, würde solch ein Potential besitzen. Das hat mich damals schon sehr zurückgeworfen. Es war wie ein Brett ins Gesicht - Es tat super weh und das waren so die ersten Momente, wo ich mich fragte: Was kann ich überhaupt? Und was tue ich hier eigentlich? Irgendwo muss diese Person irgendwie recht besitzen..
Ich habe dann dennoch die Weiterbildung gemacht. Weitere eineinhalb Jahre in meinem Leben fürs lernen verbracht. Als ZMV - Richtung Verwaltung/Abrechnung - Passend, weil ich dann auch mehr aus dem Behandlungszimmer kam und mehr in der Verwaltung eingesetzt wurde. Und dann begann ich langsam zu wachsen, aber auch innerlich zu brechen. Während meine Verantwortung in dem Betrieb größer wurde, ich äußerlich immer mehr ein dickeres Fell bekam, zerstörte ich mich innerlich immer weiter und war kurz vor dem ausbrennen. Ich habe wirklich gebrennt dafür, es hat mir auch wirklich Spaß gemacht und an sich ist es gut, und der Job drumherum, aber ich war die Säule der Praxis, was mich beinahe zerlegt hätte, aber dann kurz vorher die Notbremse zog und sagte: Ich möchte nichts mehr in Richtung Verwaltung machen. Ich hätte gerne etwas in Richtung Abrechnung getan, aber da wurde ich durch jemanden ersetzt, der keine Weiterbildung besaß - Naja :')
Aufjedenfall wollte ich dann, während auch der Betrieb allmählich den Bach unterging, definitiv raus. Ich wollte eigentlich nicht mehr ins Zimmer, aber wusste, "eigentlich" hat es mir immer Spaß gemacht. Aber ich wusste auch: "eigentlich" macht mir auch der Job in der Verwaltung Spaß - Eigentlich...
Ich habe so sehr gehadert an mir. Ich habe dann auch gemerkt, es gibt noch etwas in mir - eine dritte Seite - die möchte nämlich gar nichts davon. Aber jetzt einfach aufhören? Daheim sitzen? Nichts tun? Woher kommt dann das Geld? Ich war finanziell abhängig von mir selbst (Auch wenn ich einen Partner habe), aber ich möchte nicht auf seinen Schultern sitzen. Ich möchte selbst alles bezahlen. Und dann bewarb ich mich trotzdem für eine Stelle in der Verwaltung, wieder mit einem Haufen Kontakt mit Menschen, mit mehr Stunden als vorher zu arbeiten - Weil ich dachte: Jaa, das passt schon für mich.
Auch wenn ich bis dato wusste, ich hab kein Bock mehr auf Menschen. Einfach weil sie über die letzten Jahre so undankbar und skrupellos geworden sind - Wissen ihre Rechte, aber nicht ihre Pflichten und beharren darauf, egal ob es dich in stress versetzt oder nicht.
Und ich bewarb mich auch wieder für eine Stelle als Zahnarzthelferin, nur im Zimmer, um am Behandlungsstuhl zu arbeiten. Einfach wieder bei "null" anfangen - Keine große Verantwortung, nichts mehr in die Hand nehmen müssen, um am Ende den Arm rausgerissen zu bekommen. Und dann sagte ich sogar so einer Stelle zu. Die Arbeitsbedingungen waren dann super. Hatte eine 4-Tage Woche. hatte einen fast geregelten Arbeitsalltag und mein passendes Gehalt. Doch... Ich merkte dann immer noch so diese eine Seite in mir: Die, die nichts von all dem eigentlich machen wollte. Ich bin zwar nicht mehr in der Verwaltung aktiv, aber immer noch in diesem Job - Aber was sollte ich auch sonst tun? Ich hab ja nichts anderes. Die Frage, ob ich studieren sollte? Wirklich noch Zahnmedizin? Und immer diese Frage, bin ich nur blind und sehe nicht, das ich Spaß habe oder was ist mein Problem?
(Ich denke, wenn man mich damals mit anderen Worten behandelt hätte, wäre einiges anders gelaufen)
Ich hatte zumindest dann zu dem Standpunkt dann einfach nur noch Ängste um meine Zukunft. Fühlte mich unwohl, kann eigentlich nichts anderes als nur Menschen ein Lächeln zu schenken, welches nicht echt ist. Ich war nämlich innerlich immer noch nicht ganz repariert, aber wusste auch, ich hab keine andere Alternative. Doch in Richtung Verwaltung? Etwas anderes?
Ich stand teilweise Wochenlang so neben mir und zweifelte an alles. An meiner ganzen Existenz, einfach weil ich mir selbst nicht helfen konnte. Umschulung wäre nicht drinnen gewesen, einfach weil zu teuer und ich hatte keine Krankheitsbilder damit die Kosten übernommen werden. Aber selbst wenn ich eine Umschulung machen wollte, was soll ich überhaupt machen? Es gibt nämlich soooo viele Berufe und keine Ahnung wie sie funktionieren.
Ich bekam dann nämlich auch die Gedanken: Ich hab kein Bock noch mehr unnötige Jahre in den Sand zu setzen. Ich will doch auch irgendwann, einfach mal fertig sein. (Da wurde auch der Druck von außen, mit Kinder kriegen, Hochzeit etc. immer größer)
Aber ich wusste halt auch, das ich null zufrieden bin. Und erst wenn ich zufrieden bin, dann möchte ich weiter machen.
Ich sags dir: Es war unfassbar schwer. Die letzten zwei Jahre (Ab da wo ich mich nochmal für eine neue Stelle beworben habe) waren so schlimm für mich, weil ich dachte: Wieso weiß jeder andere immer, was er möchte und ist dann voll happy mit dem was er macht? Es war nämlich nicht zufriedenstellender, als dann mein Azubinchen kam und meinte, sie will eigentlich Zahnmedizin studieren. Da war mein Neid schon groß. Aber die Angst noch größer, sich jetzt noch an sowas zu wagen. Ich mein, ich werde auch nicht jünger und naja, ich würde auch gerne einfach mal entspannen ^^ Ich verglich mich mit anderen, befand mich auch in einem wahnsinnigen Teufelskreis.
Doch innerhalb der letzten zwei Jahren hat sich auch etwas in mir gebildet, wofür ich auch meinem Umfeld dankbar bin, das ich eine Möglichkeit besaß, in etwas reinzuschnuppern, wofür ich mich nicht getraut hätte. Wobei ich mir mittlerweile denke: Warum eigentlich? Hätte ich auch ohne Hilfe schaffen können. Aber man wird ja bekanntlich immer im Nachhinein erst schlauer
Ich durfte bei meinem Partner einen Nebenjob machen. Eher als Aushilfe, in einer Elektroniker Werkstatt. Schaltschränke bauen, verdrahten etc. Einfach um mal was anderes zu sehen. Einfach mal fernab von dem, was ich eigentlich immer mache. Und ich wusste auch dann: Ich will nichts mehr mit Menschen machen, aber immer noch kein Plan was ich genau machen soll. Und diese kurze Aushilfe, dieser Nebenjob hat mir so viel weiter geholfen (Ich mein, ich hätte auch einfach irgendwo ein Praktikum machen können ) Aber ich habe dann etwas an mir gemerkt, was mir wirklich Spaß macht. Vielleicht war auch mein inneres Ich noch auf der Flucht. Noch vor dem was ich gerade tue, weil ich weiß, das es nicht das ist was ich will. Und ich hatte auch Angst, mir selbst etwas einzubilden, was einfach nicht existiert. Das ich denke, das mir der Job dann auch kein Spaß macht, weil ich dann wieder in einen Trott komme. Ich bekam auch da immer wieder Versagensängste. Schaff ich sowas überhaupt? Bin ich dazu im Bilde? Will ich das wirklich?? Was ist mit dem finanziellen Aspekt? Das ist wie auf dünnem Eis..
Und jetzt, mit 27 und einer Menge an Entscheidungen (Ob gut oder schlecht, sei mal davon abgesehen) ob ich mir das wirklich antun soll oder nicht, habe ich es einfach gemacht - Eine zweite Ausbildung gestartet, nach dem meine erste vor sechs Jahren erst beendet wurde. Nach dem ich eine eineinhalb Jährige Weiterbildung gemacht habe und den Betrieb gewechselt habe.
Und jetzt arbeite ich in einem Handwerksberuf. Werde (Nicht im Betrieb meines Partners, sondern woanders) eine Elektronikerin. Etwas komplett anderes, aber ich habe gemerkt, es macht mir Spaß. Und nein, das heißt nicht, das ich jetzt weiß, das dies meine Zukunft ist - Das weiß niemand. Aber ich gehe, nach so vielen Gesprächen mit anderen, mit so viel Austausch an Informationen, an das "neue" Projekt heran. Mit einem Gedanke, das es okay ist, wenn ich die zweite Ausbildung auch nicht in Ordnung finde. Wenn es doch nicht das ist, was ich will - Weil: Damit ist mein Leben nicht geschrieben. Es geht einfach weiter. Und du kannst dann wenigstens sagen: Hey, ich habe es wenigstens versucht! Ich bin dann um einiges an Infos reicher. Ob ich dann aber weiß, was ich machen möchte? Nö, ich denke nicht. Ich denke, ich würde wieder vor der großen Frage stehen: Wohin mit mir? (Definitiv nicht zurück in die Zahnmedizin oder Gesundheitsberuf allgemein )
Aber ich kann sagen, ich habe den Schritt schon einmal gemacht, der wirklich hart war, aber es hat sich trotzdem gelohnt, auch wenn es am Ende nichts wurde - Aber ich weiß dann wenigstens was ich jetzt nicht mehr machen möchte
Ich will damit sagen, es ist für gar nichts zu spät. Es gibt kein "zu" spät. Es gibt kein dieses: Aber wenn du das und das machst, dann ist das verlorene oder verschwendete Zeit. Und dazu sage ich ganz klar - Nein. Es sind Erfahrungen die du machst, die DU für DICH sammelst und für keinen anderen. Und ich merke das ganz, ganz deutlich in meiner Klasse, das es sooo viele Menschen gibt, die das selbe wie ich durchgemacht haben. Einer der schon vor dem jetzigen Beruf, vier andere Berufe ausgeübt hat und nun hofft, das dieser Job jetzt sein passender Job ist.
Es ist schwer, aber einfach nicht aufgeben. Es gibt immer Wege um glücklich zu werden. Und wenn es auch nur für einen Moment ist. Es ist besser als weiter in seinem Strudel an Gefühlen zu befinden, die dich herunterziehen, weil du weißt das es dich nicht glücklich macht. Wir sind denke ich auch mittlerweile in einer Zeit, in der es völlig normal ist, auch mal etwas anderes einzuschlagen. Etwas zu machen wonach es einem gesinnt, auch wenn es für einen Gefahren birgt, aber - Wer nicht wagt, der nicht gewinnt (;
Es ist alles auch so unfassbar leicht zu sagen - ich verstehe das, zu 100%. Aber, wenn man immer im innerlichen alles aufschiebt und sagt: Ja das mach ich später, oder: Ich weiß bestimmt Morgen oder wann auch immer, was ich dann machen will - Nein, wenn nicht jetzt, wann dann? Nicht abwarten bis einem der Geistesblitz einschlägt und man plötzlich die Erhellung seines Lebens bekommt - Tu es einfach! Belese dich, recherchiere, sichere dich ab, was geht, was doch vielleicht - Oder nicht sofort, sondern vielleicht um drei Ecken - Aber mach es einfach, auch wenn die Angst größer ist. Am Ende kannst du nur siegen - und zwar um jede Bereicherung die du dadurch erhälst, ob durch Betriebswechsel, oder ganz in andere Gefilde zu schnuppern (: ♥
